Zitat von igorsubotnik im Beitrag #181
Klingt danach, daß bei den Grenzschießern nur 150 Prozentige Freiwillige, die sich sonstige Vorteile versprochen haben, von der Stasi angeheuert wurden.
Das klingt schon fast albern. Die Musterung erfolgte bereits vor dem 18. Lebensjahr, bis 16/17 besuchte man die Schule bis zur zehnten Klasse, also
war man zur Musterung Lehrling.
Jetzt denken wir mal 40 oder 45 Jahre zurück.
Wer damals im wehrpflichtigen Alter war, hörte Beatles oder Stones, trug, sofern er hatte, diese komischen Nylonmäntel oder Nylonhemden. Lief mit dem Kofferradio im Arm und der Freundin im anderen durch die Gegend und hoffte inständig, gleich nach Lehrabschlußzur Armee zu müssen, um es hinter sich zu haben.
Damals gab es ganz wenige "Querulanten", die auf die Idee gekommen wären, zu verweigern.
Hat man dann bei der Nachmusterung erfahren, daß man für die Grenze vorgesehen ist, viel zuerst ein Stein vom Herzen, denn es stand dann nicht mehr zur
Diskussion, als Sandlatscher hinter dem Panzer herzurennen, wochenlange Manöver erleben zu müssen, ständigen Drill erdulden zu müssen.
Grenze bedeutete spazierengehen und aufpassen, daß keiner flüchten will. An schießen dachte wohl (fast) jeder zuletzt.
Das Risiko, im Ernstfall auf einen Flüchtling schießen zu müssen, kam uns damals anfangs gar nicht in den Sinn.
Wenn ich dann mal zurückdenke und unsere Gedanken an der Grenze rekonstruiere war es wohl allen lieber gewesen, einen vermeindlichen Flüchtling zu greifen, ohne schießen zu müssen. Gottlob gab es nie diese Situation in unserem Abschnitt.
Da hat sich dann erst in den 80-er Jahren mit der Herausbildung der Opposition im Untergrund eine andere Denkart entwickelt.
Die Jugend war weiter in ihrer Entwicklung als 20 Jahre zuvor, Protest kam zumindest hinter vorgehaltener Hand auf.
Wie sich überhaupt die Menschen verändert haben im Denken und Handeln, vergleicht man das Leben in den 50-ern mit dem von heute.
Die Bemerkung "150 prozentige Freiwillige" ist absolut Blödsinn. Auf die Waffengattung bzw den Einsatz in der NVA oder den Grenztruppen hatte kein Wehrdienstler Einfluß. Wahrscheinlich wurde für die Grenze dahingehend gesiebt, daß eine intakte Familienstruktur besteht, denn dieser Hintergrund
verleitet nicht so schnell, abhauen zu wollen. Partei war unter Soldaten kein Thema, und in der FDJ war ohnehin fast jeder, aktiv oder als Karteileiche.
Verheiratet war kaum jemand, also standen Probleme wie Scheidung/Trennung/Kinder usw auch nicht zur Disposition.
Freiwillig für die Grenze melden ? Der Lacher. Dann hätte der Kandidat gleich im Verdacht gestanden, rüber machen zu wollen.
Vielleicht, wenn er sich für länger verpflichtet hat,mindestens für 3 Jahre, war manchmal hilfreich fürs Studium ect. Aber überzeugter waren die auch nicht, denn auch aus diesen Reihen haben sich einige verabschiedet gen Westen.