Das Fragezeichen hinter meiner Themenstellung signalisiert schon, daß das Thema auch heißen könnte: „Hat der Kapitalismus eine Zukunft?“
Doch erschien mir diese Frage zu tendenziös, weshalb ich es beim leisen Zweifel beließ. Auf dem Zeitstrang erscheint der Begriff „Zukunft“ sehr dehnbar. Es kann die Zukunft der nächsten sechs Stunden ebenso gemeint sein wie die Zukunft in dreihundert oder mehr Jahren. Für einen einzelnen Menschen ist letztgenannter Zeitraum nicht mehr übersehbar, was unter anderem auch dafür verantwortlich gemacht werden kann, daß wirtschaftliche Entscheidungen selten über einen für den Einzelmenschen überschaubaren Zeitraum hinaus gelten. Manchmal überleben die Entscheidungen nicht einmal den nächsten Tag.
Es überstiege die mir zu Gebote stehenden Mittel, an dieser Stelle die über mehrere Threads verstreute Diskussion zu diesem Thema hier zusammenfassen zu wollen, weshalb ich mich auf zwei Aspekte konzentrieren möchte.
1.Von Iris (?) stammte die Aussage, daß die Wirtschaft doch eigentlich für den Menschen da sein solle und nicht umgekehrt, der Mensch Sklave der Wirtschaft oder der Wirtschaftsform, in der er sich überwiegend bewegt. Diese Aussage möchte ich dankbar aufnehmen.
2.Marx spricht unter anderem von/m Wirtschaft(en) als dem Stoffwechsel des Menschen mit der Natur. Hieran könnte man die moderne Ökologie anknüpfen, indem man fragt, wie denn dieser „Stoffwechsel“ im einzelnen aussieht.
Wie ist nun das menschliche Verhältnis zueinander im Kapitalismus? Nach Marx ist es bestimmt durch die Eigentumsfrage, genauer: die Frage nach dem Eigentum an den Produktionsmitteln. Mittlerweile gilt der personifizierte Kapitalist, der Patriarch, der seinen Betrieb persönlich führt und unternehmerische Initiative zeigt, als Auslaufmodell, auch wenn die Rolle der florierenden mittelständischen Unternehmen hier nicht unterschlagen werden soll; denn selbst diese Unternehmen haben sich zumeist als Gesellschaften mit beschränkter Haftung gegründet, um den unbeschränkten Zugriff potentieller Gläubiger auf das Privatvermögen des/der Gesellschafter im Falle einer möglichen Insolvenz zu verhindern. Jede/r im Betrieb mag wissen, wem letztlich „der Laden“ gehört, doch nach außen wird eine möglichst undurchsichtige Gesellschaftsform gewählt.
90 % der erwerbstätigen bundesdeutschen Bevölkerung befindet sich in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis (in diese Rubrik fallen allerdings auch die Manager/Vorstandsmitglieder/ Geschäftsführer eines Unternehmens). Da wird es schwierig, den genuinen Kapitalisten auszumachen. Hilft nur eine gewisse Abstraktion: es gibt abhängig Beschäftigte, die zugleich auch Kapitalisten sind, weil sie Aktien/Kommanditanteile/stille Teilhaberschaften an Unternehmen besitzen. Es gibt auch „normale“ Arbeitnehmer, die über Fondsanteile indirekt an Unternehmen beteiligt sind. Das ist nicht nur die heute kaum mehr bemühte Formel von der „Vermögensbildung in Arbeitnehmerhand“, sondern auch eine Form der privaten Daseinsvorsorge, weil die halbstaatlichen Institutionen der Daseinsvorsorge ihrer Rolle für den Einzelnen nicht mehr ausreichend gerecht werden (Norbert Blüm: „Die Renten sind sischär“).
Dennoch bleibt das grundlegende Moment des Beschäftigungsverhältnisses das der Ausbeutung, weil es sich um entfremdete Arbeit für eine andere (wirtschaftliche/juristische) Person handelt, welche die Früchte dieser Arbeit (Produkte, Dienstleistungen) zu einem Preis verkauft, der anteilig die Kosten für die Reproduktion der in es/sie investierten Arbeitkraft sowie für das eingesetzte Kapital (Sachkosten + Rendite) übersteigen muß, damit es überhaupt zu dem Angebot des Produkts oder der Dienstleistung kommen kann. Man verzeihe mir die Verkürzungen. Wer tiefer in das Thema einsteigen möchte, sei auf die einschlägigen Bemerkungen Marxens über die Entstehung des Mehrwerts verwiesen.
In einem ausbeuterischen Verhältnis steht „der“ Mensch nicht nur zu seinem „Mitmenschen“ sondern auch zur ihn umgebenden Natur. Das wird nicht nur augenfällig an Hand des gegenwärtigen Streits um den verlängerten Einsatz technisch veralteter und tendenziell gefährlicher Atomkraftwerke, sondern auch in Anbetracht der schwindenden Erdölvorräte (der Begriff „peak oil“ sei hier nur genannt). Eigentlich ist der Rohstoff Erdöl viel zu wertvoll, um ihn in einem Verbrennungsmotor zur Fortbewegung einzusetzen. Dennoch beharrt man auf der scheinbar ins Unendliche steigerbaren Produktion von Pkw mit Otto- und Dieselmotoren, obwohl schon lange bekannt ist, daß – wäre heute jede/r Chinese/in mit einem Pkw versorgt – wir das Haus kaum mehr ohne Sauerstoffmaske verlassen könnten.
Hier sehe ich eine dauerhafte und sehr ernsthafte Herausforderung des kapitalistischen Wirtschaftssystems, das sich zwar in der Vergangenheit als höchst anpassungsfähig gegenüber den Anforderungen veränderter gesellschaftlicher Lagen erwiesen hat, doch sich heute trotz vorhandener Forschungsergebnisse (einigermaßen gesichertes Wissen) erstaunlich wenig darum kümmert, wie es das Leben der leider ja benötigten VerbraucherInnen künftig erhalten könnte.
Leo Kofler, einer der letzten Kathedermarxisten hier im Westen bereits vor der Wende, begegnete dem ökologischen Gedanken stets mit dem Argument, auch der Kapitalist benötige gute Luft und habe schon deshalb ein Interesse daran, umweltverträglicher zu produzieren. Noch erweisen sich große Teile der Industrie als im wesentlichen an ihren kurzfristig erzielbaren Gewinnen interessiert und weniger an der Erhaltung ihrer Produktionsgrundlagen. Ob allein „der Markt“ hier eine Wende wird herbeiführen können, wird auch über das Wohl oder Wehe des kapitalistischen Wirtschaftssystems entscheiden. Noch fehlen entscheidende Schritte in eine andere Richtung.
Natürlich läßt sich entgegnen, daß mit einer nachhaltigeren Wirtschaftsweise keineswegs die Ausbeutung des Menschen durch den Menschen abgeschafft sei, denn immerhin ist denkbar, daß auch dann noch Gewinne erzielt und angestrebt werden. Dem kann ich wenig entgegen halten. Nur wären die dann geänderte Perspektive auf die Natur und die Notwendigkeit, in längeren Zeiträumen und größeren Zusammenhängen zu planen, ein möglicher Anstoß, das Verhältnis von Mensch zu Mensch innerhalb des Stoffwechsels mit der Natur ebenfalls zu überdenken und zu ändern. Wie man das dann nennen möge, ob „Kapitalismus mit menschlichem Antlitz“ (eigentlich ein Widerspruch in sich) oder „Gelehrtenrepublik“ ist wohl keine vorrangige Frage.
Auf eine angeregte Diskussion
freut sich
Quintus
Hallo Quintus!
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2.Marx spricht unter anderem von/m Wirtschaft(en) als dem Stoffwechsel des Menschen mit der Natur. Hieran könnte man die moderne Ökologie anknüpfen, indem man fragt, wie denn dieser „Stoffwechsel“ im einzelnen aussieht.
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Hallo, Birgit!
Zitat von Knürkse
ist bestimmt ein gutes Thema zum diskutieren,aber für mich zu schwere Kost nach Feierabend
Hallo, Thor!
Vielleicht hätte ich das Zitat besser als solches kennzeichnen sollen, um Deinem Mißverständnis vorzubeugen. Gemeint ist der Stoffwechsel des Menschen mit der Natur, sprich: eingreifende Veränderung, Verarbeitung, Verbrauch der natürlichen Ressourcen.
In Antwort auf:
Eine andere Perspektive ist: Soziale Klassenstrukturen, Milieu, Armut/Reichtum und auch Krieg sind demzufolge doch Natur, der man sich nicht widersetzen kann.
Hi Quintus!
In Antwort auf:
[...]Marx trennt hier sehr genau zwischen erster und zweiter Natur. Unter erster Natur faßt er die Ressourcen, die wir heute so verschwenden wie zu seiner Zeit. Die zweite Natur sind gesellschaftliche, also menschengemachte Phänomene [...]
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Das Schlimme am Kapitalismus ist , daß er aus jeder seiner Krisen
gestärkt hervorgeht , indem er während dieser ( ähnlich der Natur )
alles Schwache gnadenlos aussortiert ( Unterschicht , Hartz IV ,
unrentable Unternehmen usw. ). So gesehen ist das Fragezeichen
nicht nötig . Die Frage ist , wie lange das die Menschen aushalten
( wollen , können ). Denn Geld kann man nicht essen.
Zudem kommt das irrwitzige Finanz-System , welches mehr oder weniger
auf Zinserträgen beruht , somit also mit keinem wirklichen Wert hinter-
legt ist . Da ist irgendwann Schluß .
Nur wann -- und wie ?
Karli
Hallo Quintus,
sehr interessante Frage und Diskussion. Ich sehe ein grundlegendes Problem: Ich kenne keine Theorie, die die Funktion des heutigen Kapitalismus so richtig beschreibt. Sicherlich kommt Marx mit seiner Mehrwerttheorie und den anderen im "Kapital" beschriebenen Theorien grundlegenden Beschreibungen ziemlich nahe. Insbesondere die Beschreibung des Gels-Ware-Geld Zyklus gilt in unserer heutigen Wirtschaft ja noch genau so, auch wenn der Begriff Ware immer mehr dematerialisiert wird, d.h. auch nicht materielle Dinge wie Wissen und Informationen werden zusätzlich zur Arbeitskraft zur Ware und spielen eine entscheidende Rolle.
Das wesentliche Problem dieser kapitalistischen Marktstruktur ist aber die Verteilung der Waren. Das Grundziel, aus Geld mittels Waren noch mehr Geld zu machen führt dazu, dass diese Verteilung absolut inhuman ist. Millionen Menschen verhungern und gleichzeitig werden Lebensmittel vernichtet, oder für deutsche Bauern lohnt es sicht nicht, überhaupt Lebensmittel zu erzeugen. Dies ist nur ein drastisches Beispiel für die Wirkung der Gesetze der kapitalistischen Ökonomie.
Interessant ist es auch, bei Marx mal die Thesen über den Wert der Ware Arbeitskraft nachzuschlagen:
"Was ist der Wert des Arbeitsvermögens/ der Arbeitskraft?
Die Ausbildungskosten des spezifischen Arbeitsvermögens plus die zu dem historischen Zeitpunkt landesüblichen Unterhaltskosten des Arbeitskraftbesitzers plus die Ersatzkosten für den verbrauchten Arbeitskraftbesitzer, also die Aufzuchtkosten seiner Kinder. (Soweit der Arbeitskraftbesitzer die Kosten von Berufsausbildung und Kinderaufzucht üblicherweise selber tragen muss). Der Wert dieser Waren- und Dienstleistungsmenge entspricht dem Wert der Arbeitskraft."
Logisch, dass der Wert der Ware Arbeitskraft in Indien geringer ist als in Deutschland. Logisch aus, dass zur Maximiereung des Gewinns der Wert der Ware Arbeitskraft minimiert werden muss.
Das alles hat aus meiner Sicht keine Zukunft (ohne jetzt über Zeiten reden zu wollen, denn ich sehe keine Alternativen). Allerdings halte ich die Idee von Marx, diese Probleme über gesellschaftliches Eigentum und eine gesellschaftliche Produktion zu lösen, noch nicht für widerlegt. Das Scheitern des "real existierenden Sozialismus" ist dafür noch kein Beweis. Zum Beispiel wurde das Verteilungsprinzip "Jeder nach seinen Fähigkeiten, jedem nach seinen Leistungen" in der DDR nie richtig angewandt. Ich kann mir allerdings nicht vorstellen, wie wir zu einer solchen Gesellschaft kommen können. Allerdings sind Ansätze wie in Frankreich, wo der Staat Eigentümer vieler Produktionsmittel ist, nicht ganz uninteressant. Leider sind die Tendenzen in der EU geradi hin zur puren Marktwirtschaft, was ich für fatal halte.
Im Moment erleben wir gerade das Gegenteil: Die Gesellschaft tut immer weniger für ihre Mitglieder, mit dem Ergenis, dass die Mitglieder immer weniger für die Gesellschaft tun.
Die Frage ist, ob es einen Ausweg aus diesem Dilemma gibt. Der Kapitalismus hat zwei Weltkriege hervorgebracht und auch heute sterben jeden Tag tausende von Menschen für die Gewinnmaximierung des internationalen Kapitals. Politik ist konzentrierte Ökonomie (Lenin), und diese Politik (Israel, USA) überlegt inzwischen, ob nicht Atomwaffen eingesetzt werden sollten, um Interessen durchzusetzen.
Was vor 100 Mill Jahren mit den dem Aussterben der Dinosaurier auf der Erde passierte, kann sich jetzt auf einer höheren Stufe der Evolution wiederholen.
Vielleicht können dann die Überlebenden eine neue Gesellschaftsstruktur aufbauen.
JoeSachse
der diese Diskussion sehr spannend findet, sich aber gleichzeitig etwas überfordert fühlt
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Hallo, Joe!
Danke für Deine Stellungnahme! Meine inhaltliche Antwort wird ein wenig auf sich warten lassen - zumindest heute abend werde ich sie nicht mehr verfassen. Dennoch ist mir das Thema wichtig genug, es hier nicht versanden zu lassen.
Eine Anmerkung möchte ich jedoch schon jetzt machen: auch ich habe keine Lösungen, fertigen Rezepte oder dergleichen. Deshalb kann ich Dein Gefühl des Überfordertseins sehr gut nachvollziehen. Doch glaube ich, daß es ein guter Ansatz ist, wenn wir offen diskutieren und mehr Fragen stellen als Antworten geben. Das Forum dient ja dem Austausch von Meinungen und der gegenseitigen Aufklärung. Thor versucht auf seine Art, Begriffsdefinitionen zu liefern, die vom allgemeinen Gebrauch der Worte z.B. in der Presse abweichen. Da es eine alltägliche Erfahrung ist, daß wir häufig meinen, eine gemeinsame Sprache zu sprechen, im konkreten Fall jedoch feststellen dürfen, daß wir Begriffe sehr unterschiedlich aufnehmen, ist das ja kein vergebliches Unterfangen.
Es grüßt
Quintus
eine sehr interressante diskussion, wenn ich mich auch teilweise etwas überfordert fühle ihr zu folgen-hab grad heute einen bericht über china gelesen-dann eure euserungen,ich glaub ich sollte den alten karl mal aus dem keller holen und mal wieder drin lesen...kapitalismus-hat der eigentlich eine zukunft, kommunismus-chinesicher art oder real gehabter sozialismus...?was ist denn nun eigentlich das was anstrebbar ist--und keine wissenschaftlichen theorien,eine gesellschaftsodnug die kapital und arbeiter gleichermassen befriedigt,familienfreundlich ist, treibhausgase auf null reduziert,alle religionen in frieden miteinander leben können, niemand mehr verhungern muss, alle lesen und schreiben können und jeder von seiner arbeit leben kann...,iss denn das zuviel verlangt
sind wir,glaub ich, wieder beim alten karl..,aber eine weltrevolution iss wohl nicht zeitgemäss...,oder?
herzlichst,euer lutzi
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In Antwort auf:
Politik ist konzentrierte Ökonomie (Lenin), und diese Politik (Israel, USA) überlegt inzwischen, ob nicht Atomwaffen eingesetzt werden sollten, um Interessen durchzusetzen.
Was vor 100 Mill Jahren mit den dem Aussterben der Dinosaurier auf der Erde passierte, kann sich jetzt auf einer höheren Stufe der Evolution wiederholen.
Vielleicht können dann die Überlebenden eine neue Gesellschaftsstruktur aufbauen.
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`So weit weg von der naturgesetzlichen Handlungsmatrix bist Du gar nicht. Es ist doch, spätestens seit Freud bekannt, daß der größte Teil des Handelns, im Unterbewußtsein abläuft. Das Unterbewußtsein wird doch von Instinkten gelenkt. Oder? Das Ziel, die eine oder andere Gesellschaftsordnung erreicht zu haben, wird es so nicht geben können. Schau doch die Welt an. Selbst der Kapitalismus, der schon ca. 200 Jahre existiert, ist in manchen Ländern fast noch im Anfangsstadium (USA) Während er in manchen Europäischen Ländern, dem Sozialismus schon recht nahe ist. Die werden allerdings einige Rückschläge erleben, denn von dem sozialen Lebenskuchen in Europa wollen die, die noch nicht so weit sind, auch noch was haben. Somit ist eine Neuaufteilung, die bereits 1990 begonnen hat, unumgänglich. Die Abschottungsversuche der EU sind der beste Beweis. Das was vor 1990 im Ostblock lief, war ja auch nicht das was Marx mit Sozilismus gemeint hat. Bei solchen Veränderungszyklen, kann man nicht, wie Du schon sagtest, in Lebensdekaden denken. Da werden Visionäre und andere Jule Vernes gebraucht. Manche leben sogar schon im Komunismus. (Jeder nach seinen Bedürfnissen)
Buhli
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Ich denke, eine entscheidendende Voraussetzung für die Beschreibung der menschlichen Gesellschaft in ihren Formen und Bestandteilen und vielleicht auch für die Gewinnung von Erkenntnissen über die Weiterentwicklung dieser Gesellschaft ist es, zu abstrahieren. Dies fällt mir in diesem Umfeld sehr schwer, weil bei allen Versuchen und Gedanken immer wieder "ABER" auftaucht und mann dann konkrete Dinge findet, die dieser Abstraktion widersprechen oder widersprechen zu scheinen. Ich will mein Problem am Beispiel des Schneefalls beschreiben: Sicherlich fallen nach den Naturgesetzen die Schneeflocken zur Erde und kommen in Summe irgendwann in irgendeiner Form auf der Erde an, die ist die abstrakte Erkenntnis. Aber es ist unmöglich, den Weg einer Schneeflocke zu berechnen. Manchmal bewegen sie sich sogar nach oben, scheinen schwerelos zu sein. Oder Sie landen auf Dächern und Bäumen und Menschen und erreichen die Erde irgendwann in Form von Wasser. Wenn man sich in einem richtig schönen Schneetreiben befindet und vom Flockenwirbel verzaubert wird, übersieht man die abstrakte Realität.
Ich finde kaum so richtig abstrahierte Beschreibungen, Marx ist da sicherlich noch ganz gut, aber dann kenne ich schon kaum weitere Theorien.
Bin für Hinweise und Gedankenansätze dankbar.
Joesachse
der hofft, diesen Flockenwirbel auch in diesem Winter noch zu erleben...
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Hallo, Karli!
In Antwort auf:
Das Schlimme am Kapitalismus ist , daß er aus jeder seiner Krisen
gestärkt hervorgeht ,
In Antwort auf:
Die Frage ist , wie lange das die Menschen aushalten
( wollen , können ). Denn Geld kann man nicht essen.
Hallo Quintus!
Zwei Thesen (ich erspare mir das zitieren) von Dir möchte ich mal in eigenen Worten zusammenfassen. Du kannst kontrollieren, ob ich sie verstanden habe.
a) Stärkung des Kapitalismus durch deutlichere Trennung der Klassen. Die dadurch entstehenden Probleme (Armut, keine Kaufkraft der Bevölkerung und daher Schwächung der Produktion, etc.) wird durch den flexibleren Mittelstand kompensiert.
b) Die untere Klasse, die Armen also, werden keinen Aufstand proben, weil sie zu unorganisiert sind.
Quintus, habe ich dich richtig verstanden, dass du eine Veränderung der politischen Ideologie (hier: der "westliche" Staat als Pickel des Kapitalismus) bzw. Wirtsschaftsidee nicht für möglich hälst, weil der Mittelstand (SPD: die politische Mitte?) die Gesellschaft und somit den Staat stabil hält und die unteren Stände (blöde Begriffe!) lieber jammern (rappen) als sich politisch zu organisieren, und wenn sie sich politisch organisieren, dann in Fleischwolf-Parteien?
Du hast Recht. Meine Meinung ist, dass nach dem Krieg, also um 1949 Maßnahmen ergriffen wurden, um die politische Agitation nicht nur der Nazis, sondern auch der linken Gruppen zu verhindern. Die Amerikaner haben das früh erkannt. Während die Sowjetunion ihren Teil Deutschlands zunächst ausbluten ließ, haben die Amerikaner, und somit auch die anderen westlichen Alliierten, das Versagen des Versailler Vertrags wohl im Hinterkopf, nicht den Morgenthau-Plan realisiert, sondern den Marshall-Plan in die Tat umgesetzt. Somit erlangte Deutschland bald einen gewissen Wohlstand und keiner wollte seine wiedererworbenen Luxusüter (immerhin haben die meisten nach dem Krieg die absolute Niedertracht erlebt) und vor allem die wiedererlangte Ruhe aufgeben. Nach 1950 wollte keiner an Umwälzungen denken. Es entwickelte sich unter Aufsicht der Alliierten ein System, dass jegliche Aufhebung des Klassensystems und Infragestellung der kapitalistischen Ideen verhinderte (nicht, um die Nazis an einer Reinkanation zu hindern, sondern um die Linken die erforderliche Nahrung zu rauben). Jeder konnte sich ein Häuschen bauen.
Lenin hatte seinerzeit gute Ideen gehabt, als er seinen sozialistischen Schäfchen ein bisschen Eigentum zugestand (wann war das, 1922 glaube ich?). Was danach kam, hat aber dem Kapitalismus erst die nötige Bestätigung, gut zu sein, gegeben. Vorher haben viele Staaten mit dem Sozialismus geliebäugelt. Nach dem Krieg haben die meisten dann eingesehen, dass Wohlstand doch besser ist. Viele Staaten haben ein soziales Netz aufgebaut, das den weniger Erfolgreichen doch ein wenig Wohlstand gewährte. Würde dieses Netz verschwinden (Hartz IV?), würde sich vielleicht wieder soetwas wie revolutionäres Potential entwickeln können. Aber wäre das dann stabil? Wäre das dann nicht eine organisierte Bandenkriminalität: in geschlossener Front die Luxusgüter einkassieren? Eine Revolution, die auf Neid basiert (wie 1917 in Russland) klappt in meinen Augen nicht. Das Motiv der Bolschewiki war nicht Freude am Sozialismus, sondern Raffgier. Warum wurde der Zar ermordet? Weil er böse war oder weil er ein Schloss hatte?
T
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Hallo, Joe!
[Joesachse]
In Antwort auf:
Das alles hat aus meiner Sicht keine Zukunft (ohne jetzt über Zeiten reden
zu wollen, denn ich sehe keine Alternativen).
In Antwort auf:
Allerdings halte ich die Idee von Marx, diese Probleme über gesellschaftliches Eigentum und eine gesellschaftliche Produktion zu lösen, noch nicht für widerlegt. Das Scheitern des "real existierenden Sozialismus" ist dafür noch kein Beweis. Zum Beispiel wurde das Verteilungsprinzip "Jeder nach seinen Fähigkeiten, jedem nach seinen Leistungen" in der DDR nie richtig angewandt. Ich kann mir allerdings nicht vorstellen, wie wir zu einer solchen Gesellschaft kommen können. Allerdings sind Ansätze wie in Frankreich, wo der Staat Eigentümer vieler Produktionsmittel ist, nicht ganz uninteressant. Leider
sind die Tendenzen in der EU geradi hin zur puren Marktwirtschaft, was ich
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Was vor 100 Mill Jahren mit den dem Aussterben der Dinosaurier auf der
Erde passierte, kann sich jetzt auf einer höheren Stufe der Evolution
wiederholen.
Vielleicht können dann die Überlebenden eine neue Gesellschaftsstruktur
aufbauen.
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