Hallo, Thor!
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a) Stärkung des Kapitalismus durch deutlichere Trennung der Klassen. Die
dadurch entstehenden Probleme (Armut, keine Kaufkraft der Bevölkerung und
daher Schwächung der Produktion, etc.) wird durch den flexibleren
Mittelstand kompensiert.
Die Ärmeren werden immer so alimentiert, daß sie überleben können – auch das entfesselte Kapital kann sich im ach so reichen Europa keine Hungertoten leisten. Die Binnenkaufkraft spielt nur noch eine untergeordnete Rolle, weil zumindest Deutschland so viele Waren produziert, daß diese exportiert werden müssen, weil sie im Binnenland gar nicht mehr abgesetzt werden können. Das flexible mittelständische Unternehmen spielt auf den Exportmärkten die Rolle des Ausputzers und hält so das gesamte System (als System) am Leben. Ich sage hier bewußt „mittelständisches Unternehmen“ und nicht: Mittelstand oder Mittelschicht, weil ich die soziologische Kategorie ausdrücklich nicht meine. Auch meine ich keine „Stärkung des Kapitalismus“, wenn ich die Rolle des mittelständischen Unternehmens hervorhebe, sondern nur die Stützung und Erhaltung des Kapitalismus, der ja in seinen Grundfesten gar nicht erschüttert ist, sonst nähmen wir doch eine bundesweite Loyalitätskrise wahr.
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b) Die untere Klasse, die Armen also, werden keinen Aufstand proben, weil
sie zu unorganisiert sind.
Um sich zusammenzurotten, bedarf es auch einer gewissen Organisationskraft, doch um eine dauerhafte Organisation zu schaffen, bedarf es des Organisationstalents und (mindestens) eines Ziels. Welches Ziel eint die Armen? Nicht mehr arm zu sein.
Solange die Vorstellung noch allgemein geteilt wird, daß das der oder die Einzelne aus eigener Kraft schaffen könne, werden der individuelle Traum vom Reichtum und der Neid gegen solche, die ein wenig mehr haben als man selbst, dafür sorgen, daß dieses Ziel immer nur vereinzelt verfolgt wird – ob auf legalem oder illegalem Wege, spielt dabei keine Rolle.
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Quintus, habe ich dich richtig verstanden, dass du eine Veränderung der
politischen Ideologie (hier: der "westliche" Staat als Pickel des
Kapitalismus) bzw. Wirtsschaftsidee nicht für möglich hälst, weil der
Mittelstand (SPD: die politische Mitte?) die Gesellschaft und somit den
Staat stabil hält und die unteren Stände (blöde Begriffe!) lieber jammern
(rappen) als sich politisch zu organisieren, und wenn sie sich politisch
organisieren, dann in Fleischwolf-Parteien?
Nein, das hast Du nicht richtig verstanden. Es ist immer die Frage, wer eine Ideologie oder Idee teilt. Dazu müssen Idee bzw. Ideologie bis zu einem gewissen Maße auch verstanden werden. Darum ging es mir aber gar nicht, sondern mich interessierten nur die Fragen, warum das kapitalistische System bisher so wunderbar alle seine Krisen überstanden hat und welche Kräfte zu seinem Überleben beigetragen haben. Dabei sei es eine Nebenfrage, ob der Rap künstlerischer Ausdruck einer Klasse(nlage) ist.
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Würde dieses Netz verschwinden (Hartz IV?), würde sich
vielleicht wieder soetwas wie revolutionäres Potential entwickeln können.
Diese Hoffnung teile ich, wie gesagt, nicht, weil den Armen z.B. die Infrastruktur fehlt, sich effektiv zu organisieren. Ein Vorteil des Kapitalismus ist seine Lernfähigkeit, die man nicht unterschätzen sollte. Entweder wird man durch die Entwicklung einer billigen, aber süchtigmachenden Droge dafür sorgen, daß die Armen auf keine dummen Gedanken kommen, oder man verschärft die polizeilichen Maßnahmen, schränkt individuelle Freiheitsrechte ein und sperrt jene widerständigen Elemente in Hochsicherheitsknäste, die den Verlockungen der Ablenkungs- und Verblendungsindustrie nicht erliegen. Jedenfalls wird alles unternommen werden, um die Entwicklung eines revolutionären Potentials zu verhindern. Dein Vertrauen, daß das „Sein das Bewußtsein“ bestimme, teile ich nur in einer Richtung: bei der Analyse. Die Pauperisierten waren es jedenfalls historisch eher nicht, die Revolutionen initiierten. Handlungsanleitend im Sinne von revolutionär scheint die gesellschaftliche Lage für die Masse der Armen nicht zu sein. Das schließt Hungerrevolten nicht aus, aber diesen begegnet das jeweils herrschende System mit den klassischen Mitteln der Unterdrückung und anschließend ein wenig Wohlfahrt für den weniger rebellischen Rest.
Es grüßt
Quintus