Gestern wurde im Radio, bei SWR 1, den ganzen Tag immer wieder über dieses Thema geredet. U.a. kamen der Herr Valentin Thurn zu Wort und ein regionaler Bäckermeister. Der Herr Thurn hat gerade einen Film zu diesem Thema gemacht, siehe Link:
http://www.tastethewaste.com/
http://www.moviemaze.de/filme/4160/taste-the-waste.html
Es wurde berichtet wieviel Tonnen Lebensmittel jedes Jahr im Müll landen und es wurde über die möglichen Ursachen gesprochen. Beide waren/sind der Überzeugung das hauptsächlich der Verbraucher schuld ist an dieser Misere. Wir hatten das ja auch schon mal hier, irgendwo am Anfang dieses Threads. Und irgendwer hat geschrieben, man macht es sich recht leicht, alles dem Verbraucher in die Schuhe zu schieben. So sehe ich das auch. Der Herr Bäckermeister sagte, das seine Kunden auch abends um 19.00 Uhr erwarten, ihr Lieblingsbrot kaufen zu können. Ähnlich argumentierte Herr Thurn. Der Verbraucher erwarte schließlich noch abends, wenn er von der Arbeit kommt, das die Regale gut gefüllt mit frischer Ware sind. Der Joghurt muß vorhanden sein, ausreichend Wurst im Kühlregal, und natürlich frisches Obst in ausreichender Menge. Doch ist das wirklich so? Haben die beiden recht? Ich habe die letzten Tage mal mit verschiedenen Leuten darüber geredet und bin zu dem Schluß gekommen, das zum größten Teil der Handel die Schuld an diesem Problem trägt.
Nehmen wir den Bäckermeister. Seine Aussage war: Der Kunder erwartet, abends um 19.00 Uhr sein Lieblingsbrot kaufen zu können. Deshalb muß er soviel produzieren. Dies hat dann zur Folge, das ein Teil im Müll lande. Ergo, schuld ist der Kunde. Ich sehe das etwas anders. Ich behaupte, der Herr Bäckermeister weiß überhaupt nicht was seine Kunden wollen! Ich hab das mal getestet bei der Bäckerei wo wir meißt hingehen. Wir kaufen hier ein:
http://www.kleins-backstube.de/brot/
Es handelt sich um eine regionale Kette mit ca. 80 Läden in Köln und dem Rhein-Erft-Kreis. Meißtens gehen wir in die selbe Filiale hier in Brühl. Ich komme wochentags zwischen 18.00 Uhr und 19.00 Uhr von der Arbeit, Frauchen kommt ebenfalls ca. 18.00 Uhr nach Hause. Wenn man dann noch Brot holen will, ist man hier allerdings oftmals aufgeschmissen. Unser Favorit ist das "König Ludwig - Brot", alternativ der "Bauernkloben" ( siehe obiger Link) oder ein anderes Roggen-/Roggenmischbrot das gerade im Angebot ist. Dummerweise sind gerade "unsere" Sorten fast immer schon ausverkauft. In den Regalen finden sich noch jede Menge Weizenmischbrote und solche "Exoten" wie Rüblibrot oder Fünfkornquarkbrot. Allerdings sind diese recht teuer. Ich habe deshalb mal mit der Verkäuferin geschwatzt. Sie sagte, das gerade unser Brot oft schon am frühen Nachmittag alle wäre. Meine Frage, warum man dann nicht mehr von diesem Brot anbietet und weniger von schlecht gehenden Sorten, konnte nicht beantwortet werden. Man kriegt das halt so rein und damit gut. Die Filialleitung hat angeblich keinen Einfluß darauf, welche Produkte in welcher Menge angeboten werden. Ob das so stimmt, weiß ich nicht. Ich muß Ihre Aussage jedoch erstmal so hinnehmen. Niemand macht sich offenbar die Mühe, mal zu analysieren welche Produkte sich gut verkaufen und welche nicht. Man liefert Tag für Tag eine bestimmte Menge X an die Filiale, Kundenwünsche sind hierbei völlig irrelevant. Oder es findet keine vernünftige Kommunikation zwischen Filialleitung und Geschäftsleitung statt. Für mich heißt das, man weiß in der Geschäftsleitung gar nicht was der Kunde möchte oder es interessiert einfach nicht! Es ist offenbar leichter den schwarzen Peter dem Kunden zuzuschieben, anstatt vielleicht mal im eigenen Haus die Produktion zu optimieren.
Das nächste Beispiel wären die Supermärkte. Der Hr. Thurn behauptet wir Kunden erwarten das jedes Produkt zu jeder Zeit da sein müsse. Das würde der Kunde erwarten. Hier wurde vor allem Obst und Joghurt angeführt. In bezug auf Joghurt halte ich solche Aussagen für völligen Blödsinn. Wir haben heut den 17. September. Gestern gekaufter Joghurt hat das MHD 29. September. Es sollte also einem Supermarkt möglich sein, in diesem relativ langem Zeitraum, die Ware zu verkaufen. Doch vieles landet im Müll. Warum eigentlich? Ich sage, die Einkaufspolitik der Märkte ist daran schuld. Nehme jetzt als Beispiel mal die von uns zumeißt gekaufte Sorte "Sachsenmilch". Hier bevorzuge ich die Sorten Erdbeer oder Kirsche. Frauchen mag Apfel, Heidelbeere oder Birne. Im Regal findet man jedoch oftmals nur noch Ananas und jede Menge Pfirsich-Maracuja. Ich habe deshalb mal mit einer Bekannten darüber gesprochen. Sie ist die Leiterin der Kühl- und Tiefkühlabteilung eines Supermarktes in Neuss. Sie sagte, man könne bei den meißten Herstellern nur bestellen wieviele Kartons Joghurt man will. Es gibt dann 2-3 verschiedene Packungen, z.b. ein Karton enthält 4 Erdbeer, 4 Kirsch, 4 Vanille, 4 Pfirsich-Maracuja. Den müsse man dann so nehmen. Einfach mal so 50 Erdbeer-Joghurt extra zu bestellen, würde nicht gehen. Auch hier ist diese Aussage für mich nicht überprüfbar, ich muß das so hinnehmen. D.h. , möchte der Markt Erdbeer-Joghurt, muß er eben auch Pfirsich-Maracuja mitbestellen. Ein , in meinen Augen, völlig schwachsinniges System. Das Produkt, das der Kunde möchte , ist nicht vorrätig. Dafür stellt man Produkte ins Regal, von denen man weiß das sie sich schlecht verkaufen und wirft diese mit Ablauf des MHD in den Müll. Besser wäre doch, ein Markleiter würde mal analysieren was besonders gut läuft, diese Produkte müssen eben immer da sein. Bei schlechter laufenden Sachen bestellt man halt weniger und gut ist. Doch das geht heutzutage kaum noch, da die Bestellungen für die einzelnen Märkte zentral von irgendwelchen Einkaufsabteilungen der Handelskonzerne gemacht werden. Die tatsächlichen Wünsche des Kunden werden kaum berücksichtigt.
Auch bei Obst halte ich viele Ausreden des Handels oder der Hersteller für mehr als fadenscheinig. Da wird behauptet, der Kunde wünsche ausschließlich schöne, gerade gewachsene Produkte, die eine bestimmte Größe haben müssen. Doch wer hat diese Normen für Obst und Gemüse eigentlich festgelegt? Das war nicht der Kunde. Das waren Bürokraten in Berlin, Bonn, Brüssel und sonstwo!
Auch hierzu ein Beispiel. Wir kaufen oft bei einem türkischen Gemüsehändler im Ort ein. Dort gibt es zum Beispiel Gurken, welche krumm und schief gewachsen sind. Oder bei denen einfach ein Stück beim Transport abgebrochen wurde. Es gibt Möhren, die zerbrochen sind. Bei der Ernte, beim Transport oder sonstwo. Diese Produkte sind qualitativ absolut in Ordnung. Sie sehen halt nur nicht so schön aus. Der Händler bietet sie als Kiloware für ein paar cent an. Wir kaufen diese Ware oft, da ich nicht bereit bin für dasselbe Produkt ein vielfaches zu bezahlen, wenn es nicht unbedingt notwendig ist. Und wie ich das beobachten konnte, machen das viele so. Also scheint es gar nicht zu stimmen, das der Kunde nur das "schöne" Obst und Gemüse will. So jedenfalls mein subjektiver Eindruck!
Mein Fazit, Erzeuger und Handel reden dem Kunden ein schlechts Gewissen ein, der Kunde ist eben grundsätzlich schuld. Eigene Fehler werden selbstverständlich nicht gemacht. Die machen immer die anderen!
Gruß, micha