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RE: (Privat-)Betriebe in der DDR

#91 von Weinböhlaer , 24.10.2010 23:31

An der Müritz, in Klink wurde das FDGB-Ferienhotel von der Belegschaft
übernommen.
Ich hatte da 1985 im April eine Kur und war interessiert was hier geworden ist.
Das Flair war aber zu FDGB-Zeiten besser als jetzt.
Bei meinem Besuch 2008 habe ich da mit Mitarbeitern gesprochen und diese Information erhalten.


Jürgen


Jene, die ihre Schwerter zu Pflugschare schmiedeten,
pflügen nun für die, die ihre Schwerter behielten.

 
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RE: (Privat-)Betriebe in der DDR

#92 von reporter , 25.10.2010 00:25

Zitat von Weinböhlaer
An der Müritz, in Klink wurde das FDGB-Ferienhotel von der Belegschaft
übernommen.
Ich hatte da 1985 im April eine Kur und war interessiert was hier geworden ist.
Das Flair war aber zu FDGB-Zeiten besser als jetzt.
Bei meinem Besuch 2008 habe ich da mit Mitarbeitern gesprochen und diese Information erhalten.


Jürgen





Das kann ich gern glauben. Das FDGB Ferienheim in Graal-Müritz war allerdings im Regelfall nur den edelsten Genossen vorbehalten. Ich habe mal versucht, zu Ostzeiten wenigstens mal reinzukommen, in den Palast vom Genossen Harry Tisch. Denn ich 'wohnte', wenn ich wieder mal dran sein durfte, nebenan. Auf dem Campingplatz von Graal-Müritz. Die VEB Mikroelektronik hatte dort einige 'Ferienobjekte', sprich dauerabgestellte Bauwagen, die, clever wie wir DDR Bürger nunmal waren, in Camping-Wagen nach DDR Standard umgerüstet wurden. Aber ich will mich nicht beklagen, es waren trotzdem schöne Tage.

Genosse Harry Tisch und die Seinen logierte im FDGB Ferienheim Graal-Müritz:

Zitat
Nichts als hohles Bonzen-Pathos: Der FDGB-Boß, gelernter Bauschlosser und auf der Parteihochschule "Karl Marx" zum Diplom-Gesellschaftswissenschaftler geadelt, nutzte seine Position, um sich das Leben angenehm zu machen.

Im Jahr 1980 ließ er in Graal-Müritz bei Rostock für 40 Millionen Mark ein Gewerkschafts-Ferienheim bauen, mitten in einem Buchenhain, nur 50 Meter vom Meer entfernt. Das FDGB-Freizeitzentrum nutzte Tisch regelmäßig als privates Ferienquartier. Obwohl, wie sich Mitarbeiter erinnern, nie mehr als 40 Gäste dort urlaubten, standen 130 Angestellte auf der Lohnliste des Ferienheims - um vor allem Tisch zu Diensten zu sein.

Das Haus bot allen erdenklichen Luxus: Lichterflut, Spiegelsäulen und Marmor am Portal, im Innenhof einen künstlich angelegten Wasserfall, die Schwimmhalle mit 25-Meter-Becken auf 28 Grad temperiert.

Die Erholung leistete sich Tisch seit 1985 nicht aus eigener Tasche. Um die Urlaubskosten eines Jahres decken zu können, wären, wie der Staatsanwalt vorrechnet, "zwei Monatsgehälter des Beschuldigten" erforderlich gewesen.

Tisch beglich seine Urlaube an der Ostsee vom FDGB-Konto 402 ("Verfügungsfonds"). Und er finanzierte damit zwischen 1985 und 1989 auch die Familienferien seiner Tochter und des SED-Wirtschaftslenkers Günter Mittag, der bisweilen mit einem guten Dutzend Begleiter anreiste. Alle ließen es sich auf FDGB-Kosten gutgehen. "Bei Mittag", notierte der Staatsanwalt, "fehlte ihm der Mut, diesen auf die Bezahlung der Urlaubsrechnungen hinzuweisen."

Insgesamt 83 994,03 Mark, addierte der Staatsanwalt die von der FDGB-Zentrale bezahlten Urlaubsrechnungen, betrage der Schaden



Näheres in einem alten Spiegel Artikel:

http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-13489690.html

Und, natürlich hatten die Genossen vom BVfS Rostock, sprich Stasi, dort auch ihre Residenz.

http://scz.bplaced.net/tarn-all.xml


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RE: (Privat-)Betriebe in der DDR

#93 von Weinböhlaer , 25.10.2010 00:38

Zitat von reporter

Zitat von Weinböhlaer
An der Müritz, in Klink wurde das FDGB-Ferienhotel von der Belegschaft
übernommen.
Ich hatte da 1985 im April eine Kur und war interessiert was hier geworden ist.
Das Flair war aber zu FDGB-Zeiten besser als jetzt.
Bei meinem Besuch 2008 habe ich da mit Mitarbeitern gesprochen und diese Information erhalten.


Jürgen





Das kann ich gern glauben. Das FDGB Ferienheim in Graal-Müritz war allerdings im Regelfall nur den edelsten Genossen vorbehalten.






Also wenn ich mich richtig erinnere Graal-Müritz liegt doch irgendwo an der Ostsee
.


Ich meine den größten See der Meckl.-Seenplatte, die Müritz, und da den Ort Klink.
Das genannte FDGB-Ferienhotel der Kat.2 war ein ganz normales Ferienheim.
Dies nur damit wir nicht an einander vorbei reden.

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RE: (Privat-)Betriebe in der DDR

#94 von Weinböhlaer , 25.10.2010 01:11

Jetzt beim lesen habe ich festgestellt das Anfangsthema war etwas anders.
Es ging um private Betriebe der Vor-Wende-Zeit.
Das kommt davon wenn man nicht von Anfang an liest - Asche auf mein Haupt.
Aber vielleicht könnte man mal ein Thema in der Richtung aufmachen.

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RE: (Privat-)Betriebe in der DDR

#95 von reporter , 25.10.2010 01:18

Zitat von Weinböhlaer


Also wenn ich mich richtig erinnere Graal-Müritz liegt doch irgendwo an der Ostsee
.


Ich meine den größten See der Meckl.-Seenplatte, die Müritz, und da den Ort Klink.
Das genannte FDGB-Ferienhotel der Kat.2 war ein ganz normales Ferienheim.
Dies nur damit wir nicht an einander vorbei reden.

Jürgen




Sorry, ja, ich meine Graal-Müritz an der Ostsee. Du hast Recht, eine Verwechselung meinerseits!

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RE: (Privat-)Betriebe in der DDR

#96 von BesserWessi0815 , 25.10.2010 03:06

huch... das wollte ich jetzt nicht!
Ja, meine Frage passte nicht zu 100% in diesen Thread, das war mir bewußt, (aber er kam ihm relativ nahe!)
leider hatte ich keinen passenderen gefunden .... also nochmal die Frage:
Gibt es auch Beispiele, wo die Belegschaft selbst die VEB-Betriebe übernommen hat?


...bitte habt doch etwas Nachsicht mit einem geborenen Wessi ... niemand kann ja etwas für die Herkunft, oder?
Also: BITTE nicht zanken Mädels!......"Der will nur spielen"...

 
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RE: (Privat-)Betriebe in der DDR

#97 von reporter , 25.10.2010 08:31

Zitat von BesserWessi0815

Gibt es auch Beispiele, wo die Belegschaft selbst die VEB-Betriebe übernommen hat?




Belegschaftsübernahmen sind mir auch keine aus dem Westen bekannt. Im damaligen West-Berlin gründete ein studentischer Aussteiger, der Herr Zapf, eine Spedition, "in den Händen der Belegschaft" hieß es dort eine Zeit lang.
Dann wars vorbei mit dem Sozialismus, heute gehört die- offensichtlich gut laufende Zapf Firma - dem Herrn Zapf alleine. Das nurmalso, um den Eindruck zu korrigieren, im 'Westen' war es alles anders.

Aus der abgewickelten DDR gabs etliche mittelständische Firmeninhaber, die ihre Firma wieder zurückbekamen, oft waren sie in der enteigneten DDR Firma im 'Leitungskader' weiter tätig, weil ihr Know-How wichtig war. Als Beispiel fällt mir da die in Ost-Berlin ansässige Schnaps-Firma Schilkin ein.

Dann gab es einige 'Management-By-Out' Firmen, wo Leitungskader die Firma von der Treuhand abkauften.

Und- nicht zu vergessen, es gabe eine Menge Stasi-Tarnfirmen, die mit von der SED verschobenen Geldern weiter arbeiteten. Genosse Gysi war auf diesem Felde sehr innovativ. Organisiert zu Ostzeiten wurden diese Firmen von Stasioberst Schack-Golodkowski, der an der Stasihochschule in Golm/Potsdam seinen 'Doktor' machte. 'Doktorvater' war der Schulabbrecher und Stasi Chef Mielke.

Eine Übersicht der Stasi-Tarnfirmen ist hier zu finden:

http://www.ddr-wissen.de/wiki/ddr.pl?Liste_der_KoKo-Firmen

Die großen 'Kombinate' und auch viele großen VEB's waren als Ganzes unverkäuflich, Teile davon gingen manchmal an ausländische/westdeutsche Investoren.


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RE: (Privat-)Betriebe in der DDR

#98 von BesserWessi0815 , 27.11.2010 18:47

Hallo,

ich habe auf einestages.spiegel.de wieder einen -für mich- interessanten Artikel gefunden.

Zitat von Aufback Ost
[...] Das DDR-Unternehmen "Kathi Nährmittelfabrik Kurt Thiele" wurde 1951 als Familienbetrieb gegründet und schnell bekannt als erster deutscher Hersteller einer Backmischung. Daneben produzierte Kathi auch kochfertige Suppen, Saucen oder Kuchenmehl her. [...]

Es ist erstaunlich, dass ein so spät gegründetes relativ kleines Unternehmen dann später verstaatlicht wurde. Ich dachte es hätte überwiegend größere Einheiten (Konzerne) betroffen. Vermutlich hat sich die DDR-Führung dadurch selbst geschadet und innovative engagierte Menschen wie "Kathi" ausgebremst.

Das ist zwar auch kein Beispiel, wo nach 1989 der VEB von der eigenen Belegschaft übernommen wurde, aber trotzdem ein interessanter Bericht.


..."Der tut nix!"......"Der will nur spielen"... - Peng! -

 
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RE: (Privat-)Betriebe in der DDR

#99 von reporter , 29.11.2010 09:59

Zitat von BesserWessi0815


Es ist erstaunlich, dass ein so spät gegründetes relativ kleines Unternehmen dann später verstaatlicht wurde. Ich dachte es hätte überwiegend größere Einheiten (Konzerne) betroffen. Vermutlich hat sich die DDR-Führung dadurch selbst geschadet und innovative engagierte Menschen wie "Kathi" ausgebremst.




Nicht nur "vermutlich". Am Kahlschlag des Mittelstandes leiden die neuen Bundesländer noch heute.

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RE: (Privat-)Betriebe in der DDR

#100 von Os-Car , 18.02.2017 23:25

Es ist ja schon ein bisschen her, aber sehr interessant, Herr Tommes! Ich schmökere mit Interesse in ihren Beiträgen und im Briefverkehr ihrer Großeltern über die existenzvernichtende Besteuerung und den Bürokratieaufwand für die Anschaffung einer elektrischen Schreibmaschine noch Ende der Achtzigerjahre. Kein Wunder, wenn die Menschen keine Lust auf Leistung verspürten. Das Daumendrehen in einem der Staatsbetriebe war offensichtlich lukrativer als eine selbstständige Tätigkeit als leistungsbereiter Kleinunternehmer. Jedem Anhänger des Sozialismus zur Lektüre empfohlen; er erfährt hier ganz praktisch die Gründe für das Scheitern des sozialistischen Experiments.

Nachtrag: Wie ich inzwischen lese, gibt es hier ja einige, die die Zustände vor Ort kannten und behaupten, dass es den Selbstständigen in der DDR damals besser ging als dem Durchschnitt der Bevölkerung (das wäre ja nichts anderes als gerecht, schon allein wegen der erheblich erhöhten Arbeitsbelastung und des wirtschaftlichen Risikos). Ich will das nicht bestreiten, aber ich vermute, dass diese Besserstellung an den Gesetzen der D“D“R vorbei „erarbeitet“ wurde (Tauschgeschäfte?). Ich werde mal weiterlesen, bin erst auf Seite 2; vielleicht gibt es im Folgenden ja noch Aufklärung dazu.

P.S. Die manuelle Rechenmaschine „Triumphator“ habe ich auch noch im Keller. Ein Erbstück meines Vaters (Westdeutschland), das vermutlich aus den fünfziger Jahren stammt.


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RE: (Privat-)Betriebe in der DDR

#101 von Os-Car , 19.02.2017 01:12

So, jetzt bin ich durch mit dem Lesen der Beiträge. Das Meinungsspektrum ist interessant. Diejenigen, die behaupten, den kleinen Unternehmern in der DDR wäre es besser gegangen als im vereinigten Deutschland, haben vermutlich in vielen Fällen recht. Allerdings scheint sich meine zuvor geäußerte Vermutung, dass es sich um illegale Geschäfte gehandelt hat, zu bestätigen. Korruption und Steuerhinterziehung gab und gibt es sicherlich auch im großen Umfang in der BRD. In der DDR scheint aber das Ausmaß der Schattenwirtschaft in erheblich größeren Dimensionen vorhanden gewesen zu sein. Und der wirtschaftliche Zusammenbruch der DDR kam zwar nicht deswegen, aber nicht von ungefähr.

Der Sozialismus in Gesamtdeutschland feiert fröhliche Urständ. Die nichtlineare Steuerprogression ist dafür ein Beispiel (siehe Grafik: https://www.bundesfinanzministerium.de/C...blob=square&v=4).

Weiter sind zu nennen, die aus der Not gebotene Sozialisierung der Bankenverluste und die Sozialisierung der Haushaltsdefizite der EU-Pleitestaaten. Ein Zusammenbruch des Systems ist nur eine Frage der Zeit, es sei denn, die EZB schafft es endlich, bei anhaltend niedrigen Zinssätzen eine flotte Inflation hinzulegen, die dann wieder besonders diejenigen hart trifft, die sich ein wenig für die Altersversorgung zurücklegen konnten.


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RE: (Privat-)Betriebe in der DDR

#102 von Buhli , 15.04.2017 19:19

Ich hab mich auch mit DDR Unternehmern unterhalten. Die hatten nicht das Problem mit der Ausschreibung. Die konnten in Ruhe ihr wirtschaftliches Angebot abgeben, weil sie keine Preisunterbietung und damit eine evtl. folgende Pleite, befürchten mussten. Desweiteren waren sie gegen jede Art von gesundheitlichen Schaden versichert. Ohne Versicherungsschutz keine Selbständigkeit. Daher geht es den auch als Rentner besser, als vergleichbaren Westrentnern. Die haben auch ihre Arbeitsjahre angerechnet bekonmmen. Auch ohne Korruption. Wie Du schon richtig erlesen hast. Die Korruption hat den geringsten Anteil an den wirtschaftlichen Problemen. Der Untergang hatte andere Ursachen.
Michaka, das ist auch so ne alte Kamelle aus der DDR.


Nehmt euer Herz in beide Hände, und macht was draus. (Zitat von Lutz Bertram. Ehemaliger blinder DT64 Moderator, den leider die Stasi in ihre Fänge bekam)
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