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RE: Macht die Gesellschaft uns krank ?

#16 von Weinböhlaer , 29.01.2010 19:27

Es liegt aber auch an jedem selbst.

Ich will mal so anfangen.
Als ich 1965 Von der Armee kam habe ich in meiner alten Firma wieder angefangen in 3 Schichten
zu arbeiten. Das ging so bis zur Wende 1989, also 34 Jahre.
Dazu habe ich im Monat noch ca. 60 Überstunden gemacht.
Zusätzlich habe ich von 1965 bis 1985 noch als Fahrschullehrer beim Kraftverkehr Meissen gearbeitet,
mein Vertrag min. 20 Std./Woche. Diese sind zumeist auf das Wochenende gefallen.
Es waren Fahrschüler die in der Woche nicht konnten und solche mit körperl. Behinderungen, die mit ihrem
eigenen, für sie umgebauten Fahrzeug geschult wurden.
Von 1985 an habe ich Trabbis wieder auf Vordermann gebracht und verkauft.
Also mein Arbeitstag war ca. 14 Std. lang und das über Jahrzehnte.
Was mir trotz aller Arbeit wichtig war, möglichst ein geregeltes Mittagessen in der Zeit von 11-14 Uhr.
Ich habe nie geraucht und max. ein Bier am Tag. Einen Abend aller 3 Wochen für mich und meine Kumpels, mit schwimmen u. Sauna.

Jetzt zu neuen Zeitrechnung

Als ich in der Pfalz anfing mit arbeiten ging es weiter.
Erst mal zeigen was man drauf hat, das hatte dann mein Chef recht schnell kapiert.
Dann Meisterschule noch mal machen weil der Meisterabschluß aus der DDR nicht anerkannt wurde.
Die neue Abteilung aufbauen kostete auch viel Kraft, ich war von 05:30 - 20:00 Uhr in der Firma.

Es war aber auch immer Motivation da, denn der Rubel rollte im Osten.
Meine Arbeit hier im Westen wurde gut bezahlt und auch die Anerkennung, die mir hier schon wichtig war, kam.
Es war also ein geben und nehmen.

Unser Chef hat immer gesagt: Jungs es regnet Brei, nehmt die Löffel und schöpft.
Gut mein Arbeitsryhtmus ist nichts für Weicheier gewesen, ich bin heute aber trotz dem gesund und fit wie ein Turnschuh.
Ich bin fast 69 und spiele in einer Gruppe von 40-50 jährigen Volleyball und bin nicht der schlechteste.

Viele mal sind aber zu hoch geschraubte Erwartungen und Anschaffungen deren Finanzierung nicht gesichert ist der Grund
das Leute durchdrehen.

Ich habe früher kleine Brötchen gegessen und mache das heute auch noch. Es kam eben immer mal eine Scheibe Wurst mehr drauf,
so wie es einem besser ging.
Nie auf Pump gelebt, mein Motto ist was ich nicht bezahlen kann kaufe ich nicht .
Damit bin ich immer gut gefahren.

Jürgen

 
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RE: Macht die Gesellschaft uns krank ?

#17 von Flotte_Lotte , 29.01.2010 19:58

Ich finde die positive Art im Umgang mit Problemen ja richtig...


Wenn ich hier z.b. Schlawine, Joerg und Jürgen lese, sehe ich in deren Einstellung den Schlüssel für persönliche Zufriedenheit - und sicherlich auch positive Multiplikatoren in einer Betriebsgemeinschaft. Aber ich denke, dass sie menschlich denken, und auf Schwächen anderer reagieren.

Aber...der Druck, der von oben ausgeübt wird - ist nichts anderes als eine Schwäche von Führungskräften.


Leider kommt Menschlichkeit in Betrieben immer wieder zu kurz.

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RE: Macht die Gesellschaft uns krank ?

#18 von kalteschnauze , 30.01.2010 07:55

zugunsten von früher muss ich aber mal feststellen, es gab kaum privatbürokratie, was die leute auch noch fertig macht, bzw. energien frisst, zeit die dir abgeht für angenehmere dinge. was ich mich nach der wende durch aktenstapel wälzen musste geht auf keine kuhhaut, der will bis denn und denn nen formblatt zurückhaben, dann musste dich wieder um anderes kümmern, uns hat kurzerhand die autohaftpflichtversichwerung unschuldigerweise das leben schwergemacht, dann will wer anders wieder was von dir. du streitest dich in der richtung mit hinz und kunz rum. also ein wenig vermisse ich da schon den "ddr-automatismus" in solchen sachen, weil das echt schlaucht zum teil. wenn beide partner ne 40 stunden woche haben samt überstunden und noch mehrere kinder, wie das ja heute propagiert wird als sg. "idealfamilie", also ich wüsste nicht wie wir das alles schaffen sollten. früher biste arbeiten gegangen, zwar länger wie heute und gut war, danach begann wirklich dein privatLEBEN. selbst als selbständiger kleinkrauter hast du soviel bürokratie um die ohren, das dir die zeit abgeht dich um wichtigere dinge zu kümmern, nämlich den reinen geschäftsausbau.... wenn du z.b. dem finanzamt akribisch begründen musst warum du im allerersten geschäftsjahr noch im minus stehst

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RE: Macht die Gesellschaft uns krank ?

#19 von Pamina , 30.01.2010 08:10

Bin heute früh wach geworden und hatte mal Zeit auch diese riesigen Beiträge zu lesen, also ich kann die Beiträge von Schlawine, Joe und Jürgen nur gut finden, ist auch meine Herangehensweise, aber ich habe auch Leute im Umfeld, die der schreckliche Druck krank machte. War selber auch schon streckenweise zickig zu meinen Kollegen, (obwohl ich ein sehr fröhlicher Mensch bin),weil der Druck von oben so stark war und ich nicht schlafen konnte,weil ich nur noch dachte, wie ich das alles schaffen soll.(Zicklein hat sich dann entschuldigt, keine Angst)
Aber,.... ich denke auch,mir tun die Leute sehr leid, die dem Druck nicht gewachsen sind, weil sie genau wissen, dass sie sofort austauschbar sind, sofern sie schwächeln, weil im Heer der Arbeitslosen schon welche genau auf diese Stelle warten.

Joes Stelle ist sicher nicht so leicht ersetzbar ,wie die eines Malers oder Kochs oder weiß ich......, das ist natürlich auch noch so eine Geschichte, die aber sicher für Joe auch nochmal Sicherheit bringt.

Ich denke, das Problem heißt wie immer, Geld, Profit, alles so billig wie möglich,.....aber zu welchem Preis.


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RE: Macht die Gesellschaft uns krank ?

#20 von Weinböhlaer , 30.01.2010 10:41

Zitat von kalteschnauze
zugunsten von früher muss ich aber mal feststellen, es gab kaum privatbürokratie, was die leute auch noch fertig macht, bzw. energien frisst, zeit die dir abgeht für angenehmere dinge. was ich mich nach der wende durch aktenstapel wälzen musste geht auf keine kuhhaut, der will bis denn und denn nen formblatt zurückhaben, dann musste dich wieder um anderes kümmern, uns hat kurzerhand die autohaftpflichtversichwerung unschuldigerweise das leben schwergemacht, dann will wer anders wieder was von dir. du streitest dich in der richtung mit hinz und kunz rum. also ein wenig vermisse ich da schon den "ddr-automatismus" in solchen sachen, weil das echt schlaucht zum teil. wenn beide partner ne 40 stunden woche haben samt überstunden und noch mehrere kinder, wie das ja heute propagiert wird als sg. "idealfamilie", also ich wüsste nicht wie wir das alles schaffen sollten. früher biste arbeiten gegangen, zwar länger wie heute und gut war, danach begann wirklich dein privatLEBEN. selbst als selbständiger kleinkrauter hast du soviel bürokratie um die ohren, das dir die zeit abgeht dich um wichtigere dinge zu kümmern, nämlich den reinen geschäftsausbau.... wenn du z.b. dem finanzamt akribisch begründen musst warum du im allerersten geschäftsjahr noch im minus stehst




Du hast soweit recht, die Bürokratie ist nicht normal.
Ich habe einen Satz von Dir mal fett markiert. Dazu kann ich aber nur sagen, diese sogenannte private oder freie Zeit mußtest
Du nutzen um irgendwelche Dinge zu beschaffen.
Angefangen von 5 Flaschen Radeberger, im Winter gefrosteten Spinat........, die Liste würde endlos lang.
Die älteren unter uns werden es sicher nicht vergessen haben, bei den Behörden war der Bürger auch der letzte Ar...
Da ist mir es schon lieber wie es jetzt ist.

Jürgen

 
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RE: Macht die Gesellschaft uns krank ?

#21 von Schlawine , 30.01.2010 11:07

@Weinböhlaer, an die Zeit die man damals zur Beschaffung irgendwelcher Dinge benötigte musste ich nach dem Beitrag von @Kalte Schnauze auch gleich denken
Die elende Bürokratie finde ich heute auch ätzend aber ich kann nicht sagen dass sie mir einen großen Teil meiner Freizeit raubt. Einmal im Jahr die Steuererklärung und ab und zu ein paar Unterlagen für das Kindergeld nachreichen, das belastet mich nicht so sehr.


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RE: Macht die Gesellschaft uns krank ?

#22 von kalteschnauze , 30.01.2010 11:09

also 5 flaschen radeberger sind ja nun nicht lebensnotwedig und tiefkühlspinat auch nicht..... letzteren rennste heute auch hinterher, wenn dir das übliche spinatblubbsahnepampschzeugs nicht schmeckt und du normalen spinat willst "ohne alles", gibts nur kleingehackt bei mtengelmann für 39 cent die packung. wenn du die nicht hattest, brach auch deine kleine ddr welt nicht zusammen. aber heute, wenn du irgendwelchen behördenquatsch nicht fristgemäss beantwortest, bzw. da überhaupt nicht drauf reagierst, kannste da dein nichtinteresse dran aber z.t. mit fetten sanktionen bezahlen, bzw. auch deinen soz. absturz. ich arbeitete nach der wende kurz im öffentlichen dienst, war da im aussendienst mit "kundenkontakt", "kunden" die z.t. arg sozial gebeutelt waren, sich eben nicht zurechtfanden im bundesdeutschen amtssdschungel, weil hoffnungslos überfordert, denen haste erstmal erklären dürfen, das es sozialämter gibt, wo und wie man wohngeld beantragt, hast beim ausfüllen von "amtszetteln" mitgeholfen etc.

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RE: Macht die Gesellschaft uns krank ?

#23 von Kehrwoche , 30.01.2010 15:48

Zitat von Pamina
Bin heute früh wach geworden und hatte mal Zeit auch diese riesigen Beiträge zu lesen, also ich kann die Beiträge von Schlawine, Joe und Jürgen nur gut finden, ist auch meine Herangehensweise, aber ich habe auch Leute im Umfeld, die der schreckliche Druck krank machte. War selber auch schon streckenweise zickig zu meinen Kollegen, (obwohl ich ein sehr fröhlicher Mensch bin),weil der Druck von oben so stark war und ich nicht schlafen konnte,weil ich nur noch dachte, wie ich das alles schaffen soll.(Zicklein hat sich dann entschuldigt, keine Angst)
Aber,.... ich denke auch,mir tun die Leute sehr leid, die dem Druck nicht gewachsen sind, weil sie genau wissen, dass sie sofort austauschbar sind, sofern sie schwächeln, weil im Heer der Arbeitslosen schon welche genau auf diese Stelle warten....


So sehe ich das auch. Menschen, die gehandycapt sind, halten dem Druck der "Leistungsgesellschaft" weit weniger Stand als andere. Nicht umsonst nimmt sie Zahl psychischer Erkrankungen ständig zu, in Krisenzeiten - wie derzeit - sowiso.
Aber ich denke auch, viele sind selber Schuld. Wenn ich einen wackligen Arbeitsplatz habe, kaufe ich mir eben kein Auto auf Pump und ich fange auch nicht an ein Haus in einer strukturschwachen Region zu bauen, wenn sich dadurch meine finanzielle Abhängigkeit derart verschlechtert, daß ich im Ernstfall gezwungen bin jede x-beliebige Arbeit anzunehmen, nur um nicht Gefahr zu laufen Haus und Hof zu verlieren.
Man sollte schon im Stande sein, auch mal ein halbes Jahr Arbeitslosigkeit locker zu überstehen, dann lebt man schon ziemlich stressfrei in Deutschland.

Gruß Kehrwoche


Der Übergang vom Affen zum Menschen sind wir.
Konrad Lorenz

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RE: Macht die Gesellschaft uns krank ?

#24 von Weinböhlaer , 30.01.2010 15:53

Zitat von kalteschnauze
also 5 flaschen radeberger sind ja nun nicht lebensnotwedig und tiefkühlspinat auch nicht..... letzteren rennste heute auch hinterher, wenn dir das übliche spinatblubbsahnepampschzeugs nicht schmeckt und du normalen spinat willst "ohne alles", gibts nur kleingehackt bei mtengelmann für 39 cent die packung. wenn du die nicht hattest, brach auch deine kleine ddr welt nicht zusammen. aber heute, wenn du irgendwelchen behördenquatsch nicht fristgemäss beantwortest, bzw. da überhaupt nicht drauf reagierst, kannste da dein nichtinteresse dran aber z.t. mit fetten sanktionen bezahlen, bzw. auch deinen soz. absturz. ich arbeitete nach der wende kurz im öffentlichen dienst, war da im aussendienst mit "kundenkontakt", "kunden" die z.t. arg sozial gebeutelt waren, sich eben nicht zurechtfanden im bundesdeutschen amtssdschungel, weil hoffnungslos überfordert, denen haste erstmal erklären dürfen, das es sozialämter gibt, wo und wie man wohngeld beantragt, hast beim ausfüllen von "amtszetteln" mitgeholfen etc.




Nimm es nicht so wörtlich, war ja nur ein Beispiel mit welchen Banalitäten man in der DDR seine Zeit vergeuten mußte.

Jürgen

 
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RE: Macht die Gesellschaft uns krank ?

#25 von Weinböhlaer , 30.01.2010 15:56

Zitat von Schlawine
@Weinböhlaer, an die Zeit die man damals zur Beschaffung irgendwelcher Dinge benötigte musste ich nach dem Beitrag von @Kalte Schnauze auch gleich denken
Die elende Bürokratie finde ich heute auch ätzend aber ich kann nicht sagen dass sie mir einen großen Teil meiner Freizeit raubt. Einmal im Jahr die Steuererklärung und ab und zu ein paar Unterlagen für das Kindergeld nachreichen, das belastet mich nicht so sehr.




Genau so ist es.

Jürgen

 
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RE: Macht die Gesellschaft uns krank ?

#26 von michaka13 , 31.01.2010 11:41

Hab mir jetzt alles noch mal durchgelesen, und hier nochmal ein paar Gedanken von mir.

Dem Beitrag von Schramme, vom 29.01.2010 12:47 Uhr stimme ich absolut zu. Er bringt es genau auf den Punkt.

Joesachse schrieb:

Zitat
Und nach so einer erfolgreichen Aktion schreibe ich meinem Chef noch eine Mail und erhole mich erst mal einen Tag von der halb durchgearbeiteten Nacht.



Das freut mich für Dich. Auch ein Handwerker muß öfters mal bis in die Nacht arbeiten. Wenn man dann erst abends um 10 oder 11 nach Hause kommt, duschen, was essen, dann kommt man auch erst um 12, halb 1 ins Bett. Trotzdem muß ich am nächsten morgen gegen 5 Uhr aufstehen und werde um 7 Uhr beim nächsten Kunden oder auf der nächsten Baustelle antanzen.

Joesachse schrieb:

Zitat
Und man muss sich im Beruf engagieren, für das Unternehmen denken und arbeiten, dann wird man in Jobs keine austauschbare Personalnummer mehr, und dann ist auch der Arbeitsplatz nicht so unsicher, wie manche versuchen, uns einzureden.



Das mag in Deiner Branche funktionieren, doch ist im Handwerk leider so nicht umsetzbar. Ich mußte in den letzten Jahren oft genug erleben, das gut ausgebildete Fachleute gehen mußten und durch ungelernte oder osteuropäische Arbeiter ersetzt wurden. Billig zählt, nix anderes. Schau Dir doch mal an wieviele Baumängel heut nach Fertigstellung von Gebäuden auftreten. Woran liegt das wohl? Sind unsere Handwerker und Bauarbeiter so unfähig? Oder zu faul? Oder haben sie einfach keine Lust zu arbeiten? Nein! Sieh Dich doch heut mal auf einer deutschen Baustelle um. Es wimmelt von ungelernten, oft ausländischen Arbeitern, die dort für ein Appel und ein Ei arbeiten. Viele sprechen kein oder nur wenig deutsch. Eine Kommunikation mit anderen Gewerken? Fehlanzeige. Die meißten versteht man ja nicht. Und außer deutsch, englisch und ein paar Restkenntnisse Russisch sprech ich keine anderen Sprachen weiter. Ist ja auch egal, Hauptsache billig.

Flotte_Lotte schrieb:

Zitat
Aber...der Druck, der von oben ausgeübt wird - ist nichts anderes als eine Schwäche von Führungskräften



Auch hier. Vollste Zustimmung. Doch was macht der einzelne dagegen, was kann er dagegen machen?
Bei dieser Auswandereserie im Fernsehen, kam vor ein paar Monaten ein Zimmermann aus MVP der nach Norwegen ausgewandert war. Am ersten Arbeitstag hat ihm sein Chef dort eine Aufgabe zugewiesen und sich erst nach einer Woche wieder auf der Baustelle blicken lassen. Hat sich dann die ausgeführten Arbeiten angesehen und war ganz begeistert. Er sagte dem Angestellten das er sehr zufrieden mit der Qualität und dem Tempo der Arbeit war. Klopfte dem Mann auf die Schulter sagte weiter so, Leute wie sie brauchen wir hier und ich hoffe mal auf eine recht lange Zusammenarbeit. Dann ging er. Der Zimmermann war völlig perplex und sagte dem Kamerateam, sowas hätte er in Deutschland noch nie erlebt, nämlich Anerkennung für seine Arbeit. Der Mann war Mitte 40 und kannte aus Deutschland von seinen Chefs nur Sprüche wie mach schneller, Du bist zu langsam, das ist Mist, was machste eigentlich den ganzen Tag auf der Baustelle und und und. Ein kleines bißchen Anerkennung, ein kurzes- haste aber super gemacht- er kannte es nicht aus der Heimat. Doch im Ausland wurde seine Arbeit geschätzt und anerkannt. Als ich das gesehen hatte gab mir das schon zu denken. Und ich mußte feststellen, das es bei mir ganz genauso ist. Ständig Druck von "oben", eine Anerkennung für geleistete Arbeit hab ich von meinen Chefs noch nie erhalten, und ich meine hier keine finanzielle. In Portugal habe ich diese Anerkennung jedoch selbst erlebt. Immer wieder waren die Leute erstaunt wie zügig und ordentlich man arbeitet. Man freute sich über die geleistete Arbeit und brachte das mir gegenüber auch oft zum Ausdruck. Ich hab dort immer viel Spaß auf der Baustelle gehabt, ja ich hatte richtig Freude an meiner Arbeit. Doch diese Freude an der Arbeit ist hier in Deutschland immer seltener.

Pamina schrieb:

Zitat
Joes Stelle ist sicher nicht so leicht ersetzbar ,wie die eines Malers oder Kochs oder weiß ich......, das ist natürlich auch noch so eine Geschichte, die aber sicher für Joe auch nochmal Sicherheit bringt.



So sehe ich es auch. Denn auch hier ist es, so das die Arbeit des IT-Fachmannes höher eingeschätzt wird als die eines Hanwerkers, Bauarbeiters, Fließbandarbeiters und anderen. Warum eigentlich. Niemand ist der Ansicht ein ungelernter 20-Jähriger Hauptschüler könnte die Arbeit machen, die z.B. ein Joesachse macht. Doch die selben Leute denken, das der selbe 20-jährige Hauptschüler jedwede Handwerksarbeit genausogut ausführen kann wie ein gut ausgebildeter Geselle. Warum machen wir denn eigentlich eine 3-3-einhalbjährige Ausbildung, wenns doch so einfach ist? Und da sind wir wieder da, wie schon oben geschrieben. Es gibt keine Anerkennung für unsere Arbeit. Wir sind eben "nur" Handwerker, jederzeit ersetzbar durch osteuropäische Billigarbeiter.

kehrwoche schrieb:

Zitat
Aber ich denke auch, viele sind selber Schuld. Wenn ich einen wackligen Arbeitsplatz habe, kaufe ich mir eben kein Auto auf Pump und ich fange auch nicht an ein Haus in einer strukturschwachen Region zu bauen, wenn sich dadurch meine finanzielle Abhängigkeit derart verschlechtert, daß ich im Ernstfall gezwungen bin jede x-beliebige Arbeit anzunehmen, nur um nicht Gefahr zu laufen Haus und Hof zu verlieren.
Man sollte schon im Stande sein, auch mal ein halbes Jahr Arbeitslosigkeit locker zu überstehen, dann lebt man schon ziemlich stressfrei in Deutschland.



Teilweise Zustimmung von mir. Ist der Arbeitsplatz nicht sicher, kauf ich nicht auf Pump. Richtig. Doch wie meinst Du das mit x-beliebiger Arbeit annehmen? Das Problem ist, das man im Falle der Arbeitslosigkeit vom Arbeitsamt gezwungen wird, jeden noch so miesen und schlecht bezahlten Job anzunehmen. Im Bekanntenkreis leider schon erlebt. Da spielt es keine Rolle ob du ein halbes Jahr Arbeitslosigkeit finanziell überstehen kannst oder nicht. Das Amt macht Druck und du hast zu springen. So ist das nun mal. Ich habe eigentlich immer recht gut verdient, Frauchen hat auch nicht die schlechteste Bezahlung. Ich könnte auch locker ein Jahr Arbeitslosigkeit überbrücken ohne großartige Einschränkungen, außer vielleicht der Verzicht auf eine Urlaubsreise. Doch weißt Du wie Deine Aussage vielleicht auf den kleinen Wachmann wirkt, der seit Jahren für 5 € die Stunde, an 6 Tagen die Woche im 12-Stunden-Dienst seine Schicht schiebt? Wovon sollte der wohl mal so locker flockig ein halbes Jahr Arbeitslosigkeit überbrücken? Erparnisse wird dieser Mann wohl kaum haben.



So, jetzt mag mancher denken, was ist das wohl für ein frustrierter Zausel, doch so ist es nicht. Ich hab gerade bei meiner Privaten Kundschaft immer noch viel Freude an meiner Arbeit. Ich freue mich auch heut noch, wenn ich in ein völlig runtergekommenes Treppenhaus komme, in dem seit 30 Jahren nix mehr getan wurde. Und 3 Wochen später, wenn ich mit meiner Arbeit fertig bin, ist alles wieder schön neu und erstrahlt in frischem Glanz, ja dann bin ich zufrieden und freue mich drüber. Und das kann mir auch kein Chef oder sonstwer vermiesen. Denn wenn man die Freude und den Spaß an der Arbeit ganz verliert, ich glaube dann kann man seinen Job gleich hinschmeißen.


Ein schönes Wochende,

micha

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RE: Macht die Gesellschaft uns krank ?

#27 von kirschli ( gelöscht ) , 31.01.2010 11:55

das unterstreiche ich ganz Fett machaka13 ,wenn ich daran denke was ich alles unternommen habe wieder Arbeit zu bekommen !!! Mir wurde jetzt auch offiziell Bestätigt das an die 50- jährigen fast keine Umschulungen mehr bekommen ,nur ganz selten und ich war so ein seltener Fall!!!




"Gib jedem Tag die Chance,
der schönste deines Lebens zu werden"
Mark Twain
http://www.youtube.com/watch?v=bD6d-4HxPQU

kirschli

RE: Macht die Gesellschaft uns krank ?

#28 von Pamina , 31.01.2010 11:55

Toll Micha, ich denke du hast dir da echt richtig doll Gedanken gemacht und alles sehr genau gelesen


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RE: Macht die Gesellschaft uns krank ?

#29 von Flotte_Lotte , 31.01.2010 12:37

@ michaka13

Guter Beitrag!


Hier mal eine weitere Masche wie man Arbeitnehmer unter Druck setzt.


Möglich wurde so etwas durch die Segnungen der Agenda 2010 .... Hartz IV.


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RE: Macht die Gesellschaft uns krank ?

#30 von joesachse , 31.01.2010 19:35

Zitat von michaka13
Und das kann mir auch kein Chef oder sonstwer vermiesen. Denn wenn man die Freude und den Spaß an der Arbeit ganz verliert, ich glaube dann kann man seinen Job gleich hinschmeißen.


Oder man wird krank. Genau so ist es. Es gibt in unserer Gesellschaft vielfältige Probleme, die dazu führen können.
Sicherlich hast Du auch mit Deinen Anmerkungen zur Qualifikation recht, aber es gibt auch genug gut ausgebildete und gut qualifizierte Leute, die durch den Stress richtig krank werden.
Einen entscheidenden Einfluss hat auch die Größe des Unternehmens. Ich einem kleinen Handwerksbetrieb oder IT-Unternehmen ist die Existenz des Unternehmens davon abhängig, dass jeder seinen Job gut macht. Dies funktioniert nur, wenn dass entsprechende Klima da ist und wenn jeder Spaß an der Arbeit hat. Da geht es auch um das Miteinander. In großen Unternehmen gelten die Einzelnen viel mehr als austauschbar. Vor allen sind dort auch die unteren Leitungsebenen oft genau so Planstellen wie der Angestellte oder Facharbeiter. Da wäre ich auch nur ein Rädchen im Getriebe, was nach seinen Zahlen beurteilt wird, ohne wirklichen Einfluss auf das Unternehmen selbst.
Deswegen habe ich bisher immer in kleinen Unternehmen gearbeitet (bei denen natürlich existenzielle Probleme schneller Auswirkungen haben).
Ich denke auch, wir müssen uns davon verabschieden, das ganze Leben in einem Unternehmen zu arbeiten und die Zukunft nur in diesem Unternehmen zu sehen. Ich weiss noch nicht, wo ich in zwei Jahren arbeite, nur dass dies heute keinen Stress bei mir mehr verursacht. Die Kinder sind aus dem Haus,

Gruß
JoeSachse


Das Leben ist viel zu kurz, um schlechten Wein zu trinken. (Goethe)

 
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