Zitat von mutterheimat im Beitrag #592
Joe, hast du den Satz mit den Preisen, für den normal sterblichen beachtet??????? Es sind nicht alle hier Millionäre. Ich und delta und manch anderer sind es zum Beispiel nicht. Denke an China, die können ohne weiteres abnehmen und zahlen. Was passiert OHNE russische Rohstoffe längerfristig (deutlich mehr als ein Jahr, oder unbezahlbare Rohstoffe für Otto normalo).
Zahlen können die Chinesen mit Sicherheit. Aber abnehmen? Wie machen die das, muttiheimat? Haben Dir Deine bestens informierten Leningrader auch etwas dazu gesagt.
Da ich im entfernten aus beruflichen Gründen mit Pipelinebau, Ölförderstäätten usw. zu tun habe, hier ein paar Infos für Dich.
Es gibt eine Ölpipeline von Rußland nach China, die von Transneft betriebene Eastern Siberia - Pacific Ocean oil pipeline (ESPO). Diese Pipeline ist seit 2011 in Betrieb. Kostenpunkt damals 25 Milliarden Dollar. Bezahlt von den Chinesen. 2012 wurde die Kapazität deutlich erweitert. Die Kosten von rund 6 Milliarden Dollar übernahmen, wie könnte es anders sein, die Chinesen. Warum eigentlich? Haben die Russen nicht genug Geld? Was sagen die Leningrader dazu, muttiheimat?
Gaslieferungen nach China sind momentan noch ziemlich kostspielig, da das Gas erst verflüssigt werden muß. Es wird runtergekühlt auf etwas unter minus 160 Grad. Danach hat es nur noch ein sechshundertstel seines ursprünglichen Volumens. So kann es dann per Tanker oder Eisenbahnwaggon transportiert werden. Und genau so kommt es zur Zeit nach China. Eine Gaspipeline gibt es nämlich noch nicht. Die muß erst noch gebaut werden. Dazu haben Gazprom und die chinesische CNPC Anfang des Jahres einen Vertrag über Gaslieferungen und den Bau der Pipeline "Sila Sibiri" unterzeichnet. Baubeginn wird mit dem Verschweißen der ersten Naht voraussichtlich Ende diesen Monats sein. Als Baukosten geben russische Banken ca. 55 Milliarden Dollar an. Allerdings werden von einigen auch schon bis zu 75 Milliarden Dollar aufgerufen. Laut russischer Sberbank wird diese Investition nicht von Gazprom zu stemmen sein. Einen Großteil der Kosten werden wohl wieder die Chinesen aufbringen müssen. Dafür wird der Gaspreis für die Chinesen günstiger.
Dann sollte man betrachten, woher das gelieferte Gas stammen soll. Nämlich von noch nicht erschlossenen Gasfeldern in Ostsibirien. Wie hoch die Erschließungskosten sind, wagt heute noch keiner zu sagen. Als Vergleich mal dazu. Die letzte große erschlossene Lagerstätte war das Kaschagan-Oilfield in Kasachstan. Die Kosten der Erschließung explodierten hier von geplanten knapp 60 Milliarden Dollar auf fast 140 Milliarden Dollar. Lediglich die gestiegenen Ölpreise und der Einstieg westlicher Firmen ( ExxonMobil, Shell, Total u.a.) machten es möglich, das dort heute Öl gefördert wird. Das nur mal am Rande, damit man sieht welch immensen Summen erstmal aufgebracht werden müssen, um Öl zu fördern. Beim Erdgas sind die Dimensionen genau so.
Russland will ab 2018 jährlich 38 Milliarden Kubikmeter Gas nach China liefern. Das ist nicht mal die Hälfte der Menge die Russland an Deutschland liefert. Wieviel Russland in die EU liefert weiß ich nicht. Die Liefermenge nach China dürfte im Vergleich dazu ein Klacks sein. Der Vertrag beläuft sich bei einer 30-jährigen Vertragsdauer auf ein Volumen von gut 400 Milliarden Dollar. Setzt man jetzt die Zahlen ins Verhältnis, dürfte ein Preis von 380 bis knapp 400 Dollar pro 1000 Kubikmeter Gas erzielt werden. Das ist in etwa das, was Russland auch von den meißten EU-Ländern erhält. Dabei ist zu beachten, das diese Preise bereits günstig sind. Betrachten wir jetzt noch die Investitionen, die nötig sind um das Gas nach China zu pumpen, ergibt sich folgendes Bild. 55 - 75 Milliarden Dollar Baukosten für die Pipeline. Die Erschließung der Gasfelder wird vermutlich ebenfalls einen mittleren bis hohen 2-stelligen Milliardenbetrag verschlingen. Die jährlichen Betriebskosten für Pipeline und Förderstätten schätzt Gazprom auf bis zu 6 Miliarden Dollar. Wer sich jetzt diese Zahlen einmal ansieht, der wird schnell merken warum russische Finanzexperten diesen Deal, vorsichtig ausgedrückt, als eher schlecht für Russland bezeichnen.
Aufgrund der geschilderten Lage, halte ich Szenarien wie von muttiheimat geschildert (dann liefern die Russen eben nach China), für leere Drohungen. Säbelrasseln, ein bißchen Stärke demonstrieren, mehr nicht. Die EU braucht Rohstoffe aus Rußland. Ebenso dringend benötigt Rußland das Geld aus den EU-Staaten. Hier hat sich im Laufe von Jahrzehnten eine gegenseitige Abhängigkeit aufgebaut. Wenn eine Seite meint, aus dieser Abhängigkeit von jetzt auf gleich auszubrechen, werden beide Seiten als Verlierer dastehen. Ein um ein paar Euro gestiegener Gas-, Öl - oder Strompreis wird dann unser kleinstes Problem sein.
@ muttiheimat, Du machst einen entscheidenden Fehler. Ich bin mir sicher, das die Menschen in Leningrad nette, intelligente und freundliche Leute sind. Und ganz sicher können sie Dir etwas aus ihrem Leben, aus ihrem direkten Umfeld, von ihren Erlebnissen und Erfahrungen berichten. Ob diese Menschen der Straße, wie Du sie bezeichnest, auch ein Bild von der Gesamtlage des russischen Reiches zeichnen können, das bezweifle ich. Ich versuche mal, das Dir auf militärischer Ebene zu erklären. Der kleine Gefreite sieht auf Posten nur sehr wenig. Rechte Grenze, linke Grenze, hundert Meter vielleicht wenn es das Gelände zuläßt. Mehr nicht. Die Infos darüber was er sieht, meldet er weiter an seinen Gruppenführer. Genau wie die anderen 10 - 15 Soldaten seiner Gruppe. Der Gruppenführer "sieht" also schon viel mehr, als der Gefreite auf Posten. Und zwar ohne jemals selbst einen Blick in die vorderste Linie werfen zu müssen. Der Gruppenführer leitet die erhaltenen Infos an den Zugführer weiter. Genau wie die anderen Gruppenführer seines Zuges. Der Zugführer hat nun schon jede Menge Informationen zur Verfügung, die er wie die anderen Zugführer auch, an den Kompaniechef weiter gibt. So geht das über die nächsten Ebenen weiter bis alle Infos irgendwo "ganz oben" ankommen, wie es so schön heißt. Dort sitzen die Herren, die fast nie persönlich in der HKL auftauchen, aber trotzdem ein Vielfaches an Informationen über die Gesamtlage haben, als der kleine Soldat der täglich mit der Nase im Dreck steckt. Deine Freunde, Verwandten und Bekannten in Leningrad, Sewastopol und sonstwo, diese kleinen Leute von der Straße, das sind die Gefreiten die vorne in der HKL stehen. Sie werden zuverlässig und ehrlich das berichten was sie sehen und erleben. Um aber ein Bild über die Gesamtlage zu erhalten, muß man woanders fragen. Ich denke Du weißt was ich meine.
Schönen Gruß aus dem Rheinland,
micha