Bericht Radtour 2016
Im Wesentlichen war es ja eine Wiederholung der Radtour des vorigen Jahres, Starttermin war allerdings bereits zum Herrentag am 05.05.16.
Die erste Etappe führte von Kleindehsa nach Bad Muskau. Es war Herrentag, und so kamen mir viele Radfahrer entgegen, die ihren Lenker mit frischem Birkengrün geschmückt hatten. In einer kleineren Ortschaft auf dem Weg sah ich an einem Kiosk eine grosse Gruppe von Radfahrern, die fröhlich ihr Bier tranken und gesellte mich zu ihnen. Sie wünschten mir, als sie das Ziel der Tour erfuhren, alles Gute und einer erklärte mir, dass er so etwas auch gerne machen würde, aber… die Arbeit, die Familie…
Ich glaube, wenn man etwas wirklich will, muss man sich da auch gegen solche Bedenken durchsetzen. Meine Frau lässt mich auch nur sehr ungern allein auf Strecke gehen.
Nachdem ich mir noch einen Döner einpacken liess, ging es wieder auf Strecke und bald erblickte ich die Einfahrt zum Truppenübungsplatz Oberlausitz, ein Platz, den ich während meiner Dienstzeit sowohl mit Panzern aller Varianten als auch zu Fuss in Länge und Breite ausgemessen hatte. Meine letzte Ausbildungsmaßnahme, die ich durchzuführen hatte, endete genau hier, an der Verladerampe in Haide.
Weiter ging es und bald war Bad Muskau erreicht, wo mein Ziel, der Glockenhof Köbeln, auf mich wartete. 63 km Strecke war für den ersten Tag ein schöner Fortschritt.
Ich bekam ein schönes Zimmer, ein Bier war auch zu bekommen und so konnte ich mich erholen, vor allem meinem Achtersteven tat das recht gut.
Die zweite Etappe führte mich nach Guben. Als ich in Höhe des Wasserkraftwerkes Grießen rasten wollte, stellte ich plötzlich fest, dass die Tasche, die ich auf dem Gepäckträger sicher geglaubt hatte, unterwegs verloren gegangen war. Ich fuhr gute 20 km zurück, konnte diese aber nicht finden und auch entgegenkommende Fahrer konnten mir nicht helfen. Das war natürlich ein Verlust, drei T-Shirts und zwei Hosen, mit denen ich im Verlauf der Fahrt noch gerechnet hatte. Aber deshalb wollte ich nicht umkehren, also weiter. In Guben war ich bei der gleichen Pensionswirtin, Frau Hirthe auf der Kupferhammerstr. untergebracht, wo ich das gleiche Zimmer bezog wie im vorigen Jahr. Nach wie vor das günstigste Zimmer mit Küche und Bad und sehr zu empfehlen.
Am 7.5. startete ich gegen 8:00 und war bald wieder tief beeindruckt von der Schönheit der Natur, die mich umgab. Man fährt bei diesem Radweg fast immer auf dem Damm und hat so einen weiten Überblick über die Oderauen, wie auch weit ins Oderbruch. Wunderschön, man muss es erlebt haben.
Irgendwann war Ratzdorf erreicht, wo die Neisse in die Oder mündet und dort geriet ich in ein Sportereignis unter dem Namen „BIKE+RUN“ hinein. Überall an den Verpflegungsstellen und Durchfahrtskontrollen fuhr ich als kommender Sieger durchs Ziel- ein erhebendes Gefühl.
Hinter Ratzdorf war dann auch ein beeindruckendes Froschkonzert zu erleben, dass sich während der gesamten Strecke des öfteren wiederholte. Sicher ein Grund dafür, dass ich auf einem Wegabschnitt von etwa zwei km Länge plötzlich sechs Schlangen zählen konnte, die sich fix, fix, über den Beton ringelten. Ich vermute, dass es Ringelnattern waren. Irgendwie ist es mir dann noch gelungen, mich in Höhe Lossow zu verfahren, so dass ich Frankfurt im wesentlichen rechts liegenliess und erst in Lebus auf Quartiersuche ging, was sich als recht schwierig erwies, weil auf Grund des langen Wochenendes fast alles belegt war.
Dank des Einsatzes der Frau Müller (Eiscafe Müller in Lebus- unbedingt hin), konnte ich dann doch noch ein Zimmer bekommen, nicht so ganz billig, aber in diesem Fall war das, wie unsere Kanzlerin immer sagt, alternativlos.
Der nächste Tag war der 8. Mai, Tag der Befreiung, und dieser Tag sah mich an den Orten, wo die Rote Armee im Februar 1945 ihre Offensive über die Oder weiter nach Westen vortrug.
Vertraute Namen zogen vorüber: Küstrin, Kienitz, überall dort wird an die Sowjetsoldaten erinnert, die unter einem hohen Blutzoll Deutschland vom Faschismus befreit haben. Ich legte ebenfalls an einer solche Stelle eine Pause ein und war in Gedanken versunken.
Das Ziel dieses Tages war Gross Neuendorf, wo ich in der Pension Dabisch Quartier fand.
Hier hatte ich mich mit einem Bekannten verabredet, aber auf Grund der schlechten Netzqualität war keine vernünftige Verbindung herzustellen, so dass das Treffen ins Wasser fiel. Also tröstete ich mich mit einem Bier und genoss die Nachmittagssonne. Allerdings tauchte schon wieder ein neues Problem auf- der Akku meines E-Bikes liess sich nicht laden. Er war zwar noch fast voll, aber ab nun musste der Motoreinsatz sehr sparsam dosiert werden.
Das merkte ich am nächsten Tag, als mich eine Vierergruppe älterer Leute überholte, alle auf Diamant-Rädern, alle mit E-Antrieb, ich konnte einfach nicht folgen. Irgendwann bogen sie ab und ich kam hinter Stolpe bei einer Rast mit einem älteren Herrn ins Gespräch, welcher mir den Rat gab, es in Schwedt-Nordcenter bei Fahrrad-Zech zu versuchen. Dieser kenne sich mit solcher Technik aus und würde, wenn er selbst es nicht richten könne, zumindest Leute kennen, die das wieder in die Reihe bringen könnten. Also los, obwohl der Weg infolge zunehmenden Windes von vorn immer schwieriger wurde. Irgendwann war das Nordcenter Schwedt erreicht, die Fahrradfirma gefunden und Herr Zech nahm sich des Problems an. Er stöpselte alles zusammen, steckte den Stecker in die Steckdose: ein Wunder, das Gerät lud wieder. Als ich meiner Verblüffung Ausdruck verlieh, immerhin hatte ich es am Vortag an mehreren Steckdosen versucht, meinte er nur trocken: „Goldene Hände“!
Ich spendete also etwas Kleingeld für die Kaffeekasse, verabschiedete mich herzlich, mir wurde auch noch ein Quartier empfohlen und so kam ich nach Gatow, nördlich von Schwedt, wo ich bei Fam. Behm ein sehr schön eingerichtetes und preiswertes Zimmer bekam.
Am nächsten Tag, den 10.05. ging es schon sehr früh nach Löcknitz. Nun führte mich der Weg ab Hohensaaten von der Oder weg und ich lernte die Mecklenburger Radwege kennen, die nicht so richtig zum Verlieben sind. Ich war schon froh, wenn es wenigstens vernünftige Waldwege waren, streckenweise war es nur eine schmale Spur, auf der man mit dem schwer beladenen Rad lang musste. An einer Koppel war ein Elektrozaun mitten über den Weg gespannt, es war eine Freude. Aber alles schlechte endet auch mal und bald tauchte am Horizont der dicke Turm auf, in dessen unmittelbarer Nähe die Touristinfo Löcknitz liegt. Dieselbe nette Frau in der Info und ich bekam auch das selbe schöne Zimmer wie im vorigen Jahr. Das entschädigte reichlich für die Strapazen des Weges.
Am nächsten Tag war es doch eine längere Strecke, bis ich Anklam erreichte. Gott sei Dank hatte sich mein Hintern nun an den Sattel gewöhnt (es nützte ihm ja eh nix) und so ging es, wie am Vortag über nicht so gute Wege nach Anklam, wo ich in der „Pension am Flughafen“ ein Zimmer fand.
Der nächste Tag, der 12.05., sah mich schon früh auf dem Rad, ich wollte nach Greifswald, um einen älteren Freund zu besuchen, der dort im Altersheim lebt. Leider führt kein Radweg von Anklam nach Greifswald und so donnerte ich zur Freude der LKW-Fahrer auf der B 109 entlang. Die STVO schreibt wohl vor, dass der Autofahrer einen Sicherheitsabstand von 1,5 m beim Überholen eines Radfahrers einzuhalten hat. Insofern konnte ich feststellen, dass einige Autofahrer Nachhilfe im Entfernungsschätzen bitter nötig hätten. Aber ich erreichte Greifswald ohne grössere Probleme und bald war ich im Heim, wo mein Freund sein Domizil hatte. Auf seine Vermittlung hin bekam ich ein Zimmer, was zur Zeit leer stand und der Rest des Tages verging mit Gesprächen über Gott und die Welt.
Das Altenheim erwies sich als ausgezeichnet geführt und organisiert. Das Essen war schmackhaft und abwechslungsreich, die Sauberkeit auf Schritt und Tritt zu sehen, ein sehr freundliches Personal, die Heimleiterin hatte das alles sehr gut im Griff.
Hier kann man relativ sorglos seinen Lebensabend verbringen. Allerdings wird man auch demütiger, denn all das, was man dort sieht, die Einschränkung der Beweglichkeit, das Nachlassen der körperlichen und geistigen Fähigkeiten, das alles kann einen ja ebenfalls erwarten. Wohl dem, der dann in der Lage ist, die pekuniären Mittel für die Pflege in solchen Heimen aufzubringen.
Der nächste Tag sah mich auf dem Weg nach Stralsund, wo ich wieder ein Treffen mit einem alten Freund wahrnehmen wollte. Ich schlug mich zur Touristinfo durch und hoffte, dort eine preiswerte Pension bekommen zu können. Leider ohne Ergebnis. Das billigste Zimmer sollte 48.-Euro kosten, was ich keinesfalls bezahlen wollte. Also rief ich meinen Kumpel an, wir trafen uns unmittelbar am Alten Markt, tranken einen Kaffee, beredeten die relevanten Dinge und dann fuhr ich zum Bahnhof, wo ich für den Preis, den ich für das Zimmer bezahlen sollte, eine Fahrkarte bis nach Löbau erhielt, ein paar Euro für das Rad kamen noch dazu. Aber vier mal umsteigen war angesagt und gleich beim ersten Mal ging die Sache gründlich schief. Auf den Bahnsteig, wo mein Anschlusszug (noch) stand, führte es nur über eine steile Treppe, so dass ich Umstehende bitten musste mir zu helfen.
Zu meinem Entsetzen fuhr der Zug gerade an, als ich aus der Treppenöffnung kam. Ich schrie und fuchtelte mit den Armen und- ein Wunder- der Zugführer erkannte meine Not, stoppte den Zug, liess mich einsteigen und ich war gerettet. Ich habe mich herzlich bei ihm bedankt.
Am Hauptbahnhof Berlin wurde es dann richtig interessant- fast alles Radfahrer, und fast alle wollten nach Cottbus, wo eine Demonstration „gegen die Braunkohle“ stattfand. Mein Rad stand dann, völlig eingekeilt, zwischen anderen Rädern und mir war schleierhaft, wie ich den Anschluss nach Görlitz schaffen sollte. Aber alles ging, wieder einmal, gut, ich konnte relativ entspannt nach Görlitz fahren, wo ich dann den Zug nach Löbau erwischte. Bei Ankunft in Löbau war es bereits recht dunkel, so dass ich das erste mal das Licht einschalten musste.
Das Wiedersehen mit der Familie war ein schöner Schlusspunkt, vor allem der Hund wusste kaum noch, wie er tun sollte.