Zitat von Weilheimer
Zitat von Atze
das ein generöser Gedanke aber nur erfüllbar, wenn die Deutsche Demokratische Republik nicht auf SED, Stasi und Mauertote reduziert wird.
Das ist sicher machbar, wenn du es hier unterlässt den Staat DDR auf einen Sockel zu heben, wo er nicht hin gehört.
Wenn mich ein Schwabe heute fragt, was fandest du gut am Staat DDR, dann fällt mir eigentlich nicht mehr viel ein was aus meiner Sicht im Vergleich zu heute richtig gut war, außer dem Bildungssystem, was Chancen für alle bot. Es musste in der DDR niemand hungern, jeder hatte Arbeit. Der Lebensstandard für die produktiv arbeitenden war allerdings nicht höher, als ihn heute ein Hartz 4 Empfänger erlebt. Ich persönlich habe die DDR als ein Land erlebt und empfunden, wo sich Leistung und Engagement nicht lohnten, man gegen Mauern verkrusteter Strukturen lief und so nach und nach resignierte. Ich stamme aus einer kinderreichen Familie und trotz aller sozialpolitischen Maßnahmen der DDR war meine Familie aus heutiger Sicht arm. Aber Armut gab es in der offiziellen Version der SED in der DDR nicht. Es gab nur ganz viele glückliche und lachende Kinder, die freudig Fähnchen schwenkten. Das Gefühl in der DDR eingesperrt zu sein, hat sich bei mir so mit Mitte 20 entwickelt, wo man beginnt eine Familie zu gründen und über seinen Lebensweg nachzudenken. Was das Leben angeht, bot die DDR keine Überraschungen, außer man stellte einen Ausreiseantrag. Ich denke, ich war nicht der Einzige der das so empfunden hat.
ja Weilheimer, wir heben die DDR nicht auf einen Sockel, sondern berichten über wirklich Erlebtes. Lebensstandard hin und her, wir kannten damals keinen höheren Standard. Wir waren zufrieden mit dem was wir hatten, ich hatte eine Hellerauer Schrankwand und in den anderen Zimmern standen viele schöne alte Möbel (1920), die ich mit dem Haus geerbt habe. Wir haben aber sehr viel Arbeit in das Haus stecken müssen, um es bewohnbar zu machen. Wir haben es aber geschafft. Mein Vater war Friseurmeister in Dresden und meine Mutter Reinigungskraft in einer Schule, wir waren auch nicht reich, aber ich hatte eine schöne Kindheit und ein gutes Jugendalter, wir waren jedes Wochenende tanzen, das konnten wir uns damals leisten, heute nicht mehr. Kleider nähten wir selbst, wir wussten uns eben zu helfen, was man den DDR Bürgern heute noch nachsagt.
Du schreibst von glücklichen und lachenden Kinder, das ist war, aber die Kinder kannten es nicht anders und sie waren damals wirklich glücklich.
Wir im Dresdner Raum, kannten kein Westfernsehen, kannten keine Benachrichtigungen (außer Sudelede) über Maueropfer und politische Verfolgung, wenn nicht die ganze Sache 1988/89 in Leipzig angefangen hätte, dann hätten es sicherlich viele nicht geglaubt, dass es dem Ende der DDR zugeht.
Ich und meine Kinder kannten das Gefühl des "eingesperrt seins" nicht, wir bekamen auch sehr selten etwas von unserer Tante aus Darmstadt geschickt, weil wir nicht ihrem Glauben entsprachen. Aber wir hatten damals auch das Geld nicht, reisen zu können (wie auch heute nicht).
1987 erlebte ich die Ausreise meiner Schulfreundin, legal und innerhalb 24 Stunden, ich fand das damals ganz schön gemein, denn sie mussten alles stehen und liegen lassen. Aber die Mutter lies alles rüber fahren.
Seit damals wurden wir auch von der Stasi bespitzelt, denn wir hatten ja Briefkontakt.
Das Nachdenken über Familiengründung usw. mit 20 war schon o.k. das machten wir ja genau so, aber mir wäre damals nicht der Gedanke gekommen auszuwandern. Aber ehrlich muss ich schon sein, als ich 27 Jahrre alt war, lernte ich meinen Stiefcousin aus Herne kennen und lieben, wir wollten damals heiraten. Das hätte für mich bedeutet, den Ausreiseantrag zu stellen, aber davor hatte ich ganz einfach Angst. Nur gut, dass die Mutter drüben etwas gegen mich hatte und dann noch mit einem Kind, neee das war nicht gut für den Sohnemann. Ich habe es damals nicht bereut, den Antrag nicht offiziell gemacht zu haben.
Auch hatte ich danach niemals mehr den Wunsch, nach drüben zu gehen, ich hatte meine Eltern, meine Freunde und meine schöne Stadt Dresden.
Unsere Dresdner haben enormes geleistet, die völlig zerstörte Stadt aus dem Nichts wieder aufzubauen, auch wenn es damals nicht so ging wie heute, aber sie haben es geschafft, angefangen mit den Trümmerfrauen.
Es wurde damals mit den Mitteln aufgebaut, die halt zur Verfügung standen.
Mein zurückschauen auf die alte DDR-Zeit besteht nicht nur darin, sie in den Himmel zu heben. Nein dazu besteht kein Grund, aber es war meine Heimat und ich habe sie geliebt. Heute muss ich sagen, zu Hause fühle ich mich nicht mehr.