Zitat von tommes@tommes,
Als Anschauungsmaterial habe ich noch ein paar Reste von Lebensmittelkarten, die es in der DDR - im Gegensatz zur BRD - bis 1958 gab. Im April 1953 wurden übrigens keine mehr an z.B. Selbständige Unternehmer, Anwälte und Grenzgänger ausgegeben (lt. Quelle ca. 10% der Bevölkerung), was teilweise auch zur Unmut der Menschen beigetragen hat.
thomas
danke, dass Du die Reste ausgegraben hast! Ist bestimmt für die Jüngeren interessant.
Was wir hier sehen, sind die übriggebliebenen "Herzstücke" der Originaldokumente. Die Originale waren größer, sie waren mit verschiedenen kupon - ähnlichen Marken bedruckt, auf denen stand z. B. "50 g Fett", "2oo g Fleisch", 1/4 l Vollmilch" oder "100 g Nährmittel". Beim Einkaufen reichte man die "Lebensmittelkarte" über den Tresen, die Verkäuferin schnitt einzelne Marken von der Karte ab und steckte sie in ein kleines Kästchen. Das beschnittene Restdokument bekam der Käufer wieder zurück. So bekam man erstens überhaupt was, und zum anderen zu einem niedrigeren Preis als bei der "HO".
Es gab fünf Kategorien, von A - E. A für "Schwerarbeiter", E für Bürokräfte und Rentner. Wenn man innerhalb der SBZ, also noch vor der DDR, in derselben verreiste, musste man diese Lebensmittelkarten in sogenannte "Reisemarken" umtauschen, die dann vor Ort galten.
So konnte man z. B. "350 g Butter" verlangen, die Verkäuferin schnitt dann so viele Marken ab, dass sie genau 350 g zusammenbekam.
In unserem "Konsum" - Laden wurde die Butter lose verkauft - wenn es sie denn "gab". Auf einem großen runden Holzbrett stand der Inhalt eines ganzen Butterfasses, es waren ca. 20 l. Die Butter wurde mit einem Holzspatel seitlich abgestochen - und auf ein Stück dickes, braunes Packpapier gelegt, mit der Holzkelle zurechtgeformt. Mit solchem Papier verschickt man normalerweise Pakete...!
Zu Hause angekommen, war die ganze Chose total durchgefettet. Anderes Packmaterial gab es damals nicht. Vorgepackte Butter gab es erst ab ca. 1955, HO-Preis 2,50/DM* für 250 g. Manche brachten kleine Schüsseln mit und ließen sie sich befüllen. Kühlschränke gab es noch keine, die Butter lagerten wir im Keller. Lange hielten sich solch' kleine Mengen eh' nicht.
Typisch waren zu jener Zeit "Einkaufsnetze", die sind inzwischen total aus der Mode gekommen. Nach dem Einkauf hängten wir das volle oder halbvolle Netz an die Lenkstange vom Fahrrad. Ökologen, die dies gefreut haben könnte, gab es erst viel später (oder auch sehr viel früher), aber das ist eine andere Geschichte...
*Damals hieß die Mark noch DM wie im Westen, und die schwarz-rot-goldene Fahne hatte noch keinen Hammer, Zirkel und Ährenkranz... Und auf den Alu-Münzen stand "Deutschland"...
Gruß Wello