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RE: War es wirklich so?

#16 von Engineer , 05.10.2012 22:36

Die Frage von BW ist schon sehr, sehr berechtigt. Ein Toter im Dienst, das hätte auf jeden Fall die Militärstaatsanwaltschaft auf den Plan gerufen mit einer
ganz tiefen und gründlichen Untersuchung. Kein Vorgesetzter wäre dabei ungeschoren davon gekommen. Im Film wird das ja so lax mit: Der Genosse kam bedauerlicherweise wegen
einem Herzfehler zu Tode ab getan. Das war definitiv nicht so. Da hätte man uns rund gemacht...
Auch die Darstellung an der Eskaladierwand hat es so nicht gegeben! Es gab Dienstpläne, die nicht einfach über den Haufen geworfen werden konnten. Da war es un-
möglich, die Ausbildung in´s uferlose ausarten zu lassen. Entweder rückte eine andere Einheit auf den Ausbildungsplatz nach oder die eigene Kompanie mußte an der U-Schule
zu einer anderen Lehrveranstaltung.(Schulbetrieb) Auch undenkbar, das der Dicke stundenlang gegen die Wand anrennt. Hier hätte man zusätzliche Ausbildung in der Freizeit an-
gewiesen. Genauso die plötzliche Schleiferei der Jungs mitten in der Schießtheorie, völliger Schwachsinn. Kann mich auch nicht erinnern, dass sich ein U-Schüler
im Seminar zum Poeten berufen fühlte. Sehr weit hergeholt das ganze.
Der Leutnant war im Film ca. 40 Jahre alt. Viel zu alt, in der Regel war diese Dienstgradgruppe um die Mitte 20. Es gab auch andere Ungereimtheiten- Winteruniform im Spätsommer,der Zug blieb als ernannte Uffz. zusammen,(normalerweise wurden die Uffz. in verschiedene Truppenteile versetzt),die Verurteilung der beiden AA nach Schwedt ohne Degradierung usw. Sicherlich 4 Dinge, die man als künstlerische Freiheit abtun kann.
Wegen öffentlicher Herabwürdigung ist m.E. keiner nach Schwedt gegangen, wegen Angriff auf einen Vorgesetzten schon. Aber den im Film dargestellten Angriff hätte es so auch nicht gegeben, das ist auch künstlerische Freiheit.
Mir ist auch nicht bekannt, dass die NVA in Dresden zum Eisatz kam.
Aber ich will den Film hier nicht zerreden, sondern nur einige Details klar stellen.


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RE: War es wirklich so?

#17 von Kolumbus 1492 , 05.10.2012 22:38

Ja so sehe ich das auch !


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RE: War es wirklich so?

#18 von Atze , 06.10.2012 07:53

Ich habe mir den Film bewußt nicht angeschaut, obwohl ich den Jan - Josef gut leiden mag.
Insofern kann ich da gar nichts zu sagen.
Aber schon die beiden Filmausschnitte reichen mir, um zu sehen, welch düsteres Bild dort gezeichnet wurde. Als ob in der DDR die Sonne nie schien.

Ein Aufenthalt in der Militärstrafvollzugsanstalt Schwedt, war nicht in jedem Falle gleichbedeutend mit Degradierung.
Ich hatte mal einen Ufw., der, während der Ausbildung, einen G-Topf gezündet hat und dabei ein Fallschirmjäger einen schlimmen Hörschaden erlitten hat. Der Ufw. hat die Sicherheitsbestimmungen, trotz nochmaliger, vorheriger Belehrung, sträflich vernachlässigt. Er bekam dafür 6 Monate in der Militärstrafanstalt vom Militärstaatsanwalt aufgebrummt. Eigentlich war es ein guter Mann und wurde durch die Angehörigen seines Zuges (er war Stellv. Zugführer) geachtet. Als er nach den 6 Monaten zurück kam, mußte er diese Zeit nachdienen und war immer noch Ufw. . Er sprach kein Wort über die Zeit in Schwedt. Auch auf Fragen hin nicht. Es war ganz sicher kein Zuckerschlecken dort. Heute ist er übrigens bei der Kriminalpolizei, im Präsidium Eberswalde, hat also auch nach der Wende seinen Weg gemacht. Das freut mich sehr für ihn.

Gruß


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RE: War es wirklich so?

#19 von Hansrudi , 06.10.2012 17:34

Ich denke mal , Geschichtsaufarbeitung in Filmen , Serien etc. wird immer ein zweischneidiges Schwert bleiben .

Wie werden wohl damals , als `Werner Holt ` in die Kinos kam , diejenigen die diese Zeit und Entwicklung und Ostfront live erlebt haben , den Film beurteilt haben ??

Für uns Nachgeborene, die wir diese Zeit nicht erlebt haben , war der Film natürlich einsame Spitze , weil er eben doch noch nicht so `Rot gefärbt ` war . Auch die ersten Teile von `Das unsichtbare Visier` waren ja auch Super gemacht , von der Filmmusik , die heute noch vielen im Ohr liegt , ganz zu schweigen .

Auch wäre es im DDR - Fernsehen nie passiert , das Gojko mit einer MZ durch die Prärie gefahren wäre .

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RE: War es wirklich so?

#20 von BesserWessi0815 , 06.10.2012 19:26

Zitat von Atze im Beitrag #18
Ich habe mir den Film bewußt nicht angeschaut
Scheuklappen kann man -als mündiger Bürger- auch absetzen. Der Ackergaul hat es schwerer.

Der Turm (1)
Der Turm (2)

... tut auch gar nicht weh

Für einige "Wessis" wird die DDR in diesem Film positiv (die gesellschaftlichen Zwänge mal ausgeklammert!) dargestellt.
Für einige "Ossis" wird die DDR ggf. nicht ausreichend glorifiziert.

Vielleicht trifft der Film damit den Kern?


..."Der tut nix!"......"Der will nur spielen"... - Peng! -

 
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RE: War es wirklich so?

#21 von Engineer , 07.10.2012 07:13

Für einige "Wessis" wird die DDR in diesem Film positiv (die gesellschaftlichen Zwänge mal ausgeklammert!) dargestellt.
Für einige "Ossis" wird die DDR ggf. nicht ausreichend glorifiziert.

Vielleicht trifft der Film damit den Kern?
[/quote]
@ BW, das würde mich wirklich mal interessieren: Was empfindest Du als Wessi in diesem Film positiv über die DDR.


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RE: War es wirklich so?

#22 von Atze , 07.10.2012 08:23

Zitat von BesserWessi0815 im Beitrag #20
Zitat von Atze im Beitrag #18
Ich habe mir den Film bewußt nicht angeschaut
Scheuklappen kann man -als mündiger Bürger- auch absetzen. Der Ackergaul hat es schwerer.

Der Turm (1)
Der Turm (2)

... tut auch gar nicht weh

Für einige "Wessis" wird die DDR in diesem Film positiv (die gesellschaftlichen Zwänge mal ausgeklammert!) dargestellt.
Für einige "Ossis" wird die DDR ggf. nicht ausreichend glorifiziert.

Vielleicht trifft der Film damit den Kern?



Lieber BW, richtig (was die Scheuklappen angeht). Das gild aber für beide Seiten.

Ich weiß nicht ob es Dir aufgefallen ist. Gerade in den letzten Wochen treibt es wieder Blüten. Man liest es in jeder Zeitung und sieht es pausenlos, auf fast allen Kanälen (mit Ausnahme von irgend welchen dähmlichen Verkaufskanälen, die soweiso kaum ein vernünftiger Mensch anschaut), dass die ehemalige DDR ein einziges, großes Straflager war, wo die Menschen in grauen, schmutzigen Häusern lebten, stets überwacht von der Stasi, geschult durch Schule und Ausbildung zum Kommunismus, in eine politiusche Richtung gedrückt. Was man der ehemaligen DDR zubilligt ist, dass keiner Hungern mußte. Aber dann hört es schon auf. Hunger - geht ja auch nicht, weil dann würde ja selbst der dümmste mensch merken, dass da was nicht stimmt und das wollen die Macher ja tunlichst vermeiden.
Und dann werden da Zeitzeugen aufgefahren, die "20" Ausreiseanträge gestellt haben und dadurch ihr Hab und Gut und den Job verloren haben. Mich hat noch nie einer zu meinem Leben in der DDR befragt. Warum eigentlich nicht? Ich bin sehr kommunikativ und kann mich einigermaßen vernünftig ausdrücken (Glaube ich jedenfalls).

All dieser Müll wird dann noch durch Aussagen der hoch verehrten Bundezkanzlerin und einem Nazikindes, namens Gauck, verallgemeinert, dass ca. 50 % der Bürger der DDR, sich in dieser nicht wohl gefühlt haben. Woher wissen die dass? Haben sie 100 % der ehemaligen Bürger der DDR gefragt um zu wissen, dass jeder zweite Bürger sich nicht mit der DDR identifiziert hat? Auch hier wurde ich nicht befragt und mir ist auch kleiner bekannt, dem diese Frage gestellt worden ist.

Und dann kommt noch ein "künstlkerisches Zeitdokument" in Form von zwei Filmen. Nein - Danke. Das muss ich nicht haben. Soviel Lügen und Müll, der da über die DDR ausgekippt wird, wurde 20 Jahre nach Adolf Nazi, nicht über das deutsche Reich geschüttet. Jedenfalls nicht so pausenlos wie es bei der DDR gemacht wird.

Neben mir, läuft gerade ZDF-Info. Anscheinend der Hauskanal von Guido K..Gerade wird wieder über das MfS hergezogen und der Herr Mierendorf ist das arme, unschuldige Opfer.
Ganz sicher gab es Opfer in einer Diktatur, die wir ja in der DDR hatten (keiner leugnet das). Da wird nun mal anders mit Menschen verfahren, die gegen den Mainstream schwimmen, als in einer "Schein"-demokratie, wie wir sie in diesem herrlichen Staat gegenwärtig erleben.

Noch ein letzter Gedanke. Ich habe mich in der DDR wohl gefühlt. Ich fühle mich auch in diesem Staat wohl, weil ich was tun kann, um meiner Familie, meinen Freunden und mir ein leidlich angenehmes Leben zu gestalten. Ich möchte die DDR, so wie sie war, nicht zurück haben.
Aber wer, nicht so wie z.B. viele Freunde von mir als auch ich, die Hürde in die andere Gesellschaftsordnung geschafft hat, dem geht es seelisch bestimmt nicht so gut, wie in der Hängematte der DDR.

Gruß


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RE: War es wirklich so?

#23 von Kolumbus 1492 , 07.10.2012 08:30

Bravo Atze , dass ist das was ich immer sage. Wir hatten zwar nicht das was wir heute haben , aber wir waren dafür Schuldenfrei und haben ruhiger gelebt.


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RE: War es wirklich so?

#24 von michaka13 , 07.10.2012 09:08

Zitat
All dieser Müll wird dann noch durch Aussagen der hoch verehrten Bundezkanzlerin und einem Nazikindes, namens Gauck, verallgemeinert, dass ca. 50 % der Bürger der DDR, sich in dieser nicht wohl gefühlt haben. Woher wissen die dass?



Sorry Atze, aber das ist unterstes Niveau! Herrn Gauck als Nazikind zu bezeichnen, weil sein Vater in der NSDAP war, ihn für irgendwelche Verfehlungen der Eltern verantwortlich machen, sowas geht überhaupt nicht! Das sind Worte die ich eher von anderen Usern erwartet hätte, aber nicht von jemanden mit Deinem Intellekt!


Kopfschüttelnde Grüße,

micha


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RE: War es wirklich so?

#25 von Engineer , 07.10.2012 09:44

michaka 13
Hier muß ich Atze präzisieren. Gauck sagt in seiner Biographie selbst, dass ihn sein Onkel Schmitt stark geprägt hat. Und Onkel Gerhard Schmitt
war SA- Gruppenführer(vergleichbar General). Er gab weltanschaulichen Unterricht.(Wiki) Nach Ausscheiden aus der SA war Onkel Schmitt bis 1945 Militäroberpfarrer bei der Kriegsmarine.
Du kannst Dir selbst einen Reim darauf machen, wie dieser Onkel den kleinen bzw. jungen Gauck beeinflußt hat. Und diese Beeinflussung wirkt bis heute nach.


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RE: War es wirklich so?

#26 von delta , 07.10.2012 11:17

Zitat von michaka13 im Beitrag #24

Zitat
All dieser Müll wird dann noch durch Aussagen der hoch verehrten Bundezkanzlerin und einem Nazikindes, namens Gauck, verallgemeinert, dass ca. 50 % der Bürger der DDR, sich in dieser nicht wohl gefühlt haben. Woher wissen die dass?


Sorry Atze, aber das ist unterstes Niveau! Herrn Gauck als Nazikind zu bezeichnen, weil sein Vater in der NSDAP war, ihn für irgendwelche Verfehlungen der Eltern verantwortlich machen, sowas geht überhaupt nicht! Das sind Worte die ich eher von anderen Usern erwartet hätte, aber nicht von jemanden mit Deinem Intellekt!


Kopfschüttelnde Grüße,

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Im Ansatz mögest du recht haben, aber ist es nicht so, das Gauck genau das jetzt mit den Nachkommen der Hitlergenerationen tut, indem der
in den Fußstapfen der Brands, Wolffs, Weizäcker und wie sie alle geheißen weiterhin Kniefälle vor den Juden macht.......und deren Kriege
und Morde im eigenen Staat gutheißen......was dem einen recht ist, muß dem andern billig sein......


wer fehler findet, darf sie behalten, ich habe reichlich davon.

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RE: War es wirklich so?

#27 von BesserWessi0815 , 07.10.2012 20:27

Zitat von Engineer im Beitrag #21
@ BW, das würde mich wirklich mal interessieren: Was empfindest Du als Wessi in diesem Film positiv über die DDR.
Viele kannten die DDR vor 1989 -wenn überhaupt- nur durch Transitreisen von/nach Berlin oder durch Erzählungen von Freunden / Nachbarn, die aus der DDR stammen und gelegentlich Freunde dort besuchten. Unsere Familie hat nur einen aus dem Rheinland ausgewanderten Großonkel in Berlin-Charlottenburg gehabt, der nach Kriegsende seine aus Köpenick stammende Frau heiratete.
Meine Tante in Wien und Freunde der Eltern in Holland oder Frankreich haben wir alle paar Jahre besucht, der Grenzverkehr war nicht wirklich streng. Unser Großonkel kam auch öfter zu uns, er war ja Rentner und hatte demnach auch Zeit und traf dann seine ursprüngliche Großfamilie auch im Ruhrgebiet oder Rheinland. Etwa 1985?? wollten wir ihn mal besuchen, ich hatte schon Fahrstunden gehabt und der Fahrlehrer hat uns auch über die Verhaltensweisen an der Transitstrecke informiert, so dass die Strafen gestaffelt seien nach Größe bzw. Wert des genutzten PKW's, so wurde für ein und das selbe Vergehen in einer Ente (CV2) geringer gewertet als in einem dicken Daimler-Mercedes-Benz. Die Grenzanlagen haben mich im Vergleich zu den westlichen Grenzen oder zu Österreich umgehauen, dieser Panzer auf der Säule und dieses militaristische Gehabe, nicht nur an der Grenze selbst, nein auch auf der Transitstrecke lauerten gelegentlich auf dem Grünstreifen getarnte Armeefahrzeuge, fast wie im Krieg. An der Raststätte standen dann noch Uniformierte vor den Klohäuschen, um ggf. konspirative Ost-West-Familientreffen zu unterbinden. Total krass war dieser Eindruck. Es war im Frühjahr, vielleicht ein langes Oster-, Pfingst-, odeer 1. Mai-Wochenende. In Charlottenburg angekommen, wurden wir Kinder dann in der Pension am Liezensee/Neue Kantstr. einquartiert, unsere Eltern nächtigten in der kleinen Wohnung der Großtante & des Großonkels auf der anderen Seite des Kaiserdamm's in einem Hinterhaus. Gesehen hatten wir von Berlin an diesem Ankunftstag noch gar nichts. Nachts im Bett der Pension bekam ich einen Platzangst-Koller, fühlte mich durch die Eindrücke durch die Transitanreise total beengt und eingesperrt, von der Größe der Stadt, in der 2 Mio Menschen leben sollten und viel Waldflächen waren wußte ich zwar, musste aber raus auf die Straße. So sind meine Schwester und ich raus, gelaufen und gelaufen und irgendwann ein paar Stationen mit der U-Bahn gefahren. Von der Mauer (die ich bis dahin noch nie gesehen hatte) oder Waldgrenze keine Spur zu sehen. Erst danach konnte ich einschlafen. Am nächsten Tag hat uns dann der Großonkel zum Brandenburger Tor (mit Holztribüne zum DDR-Bürger-Bewinken - niemand hat zurück gewunken!), Reichstag, sow. Ehrenmahl, Springerhochhaus, Kudamm, Kaiser Wilhelm Gedächtniskirche, Bahnhof-Zoo, Café Kranzler, KaDeWe etc. gefahren. Der Funkturm (Langer Lulatsch) sowie das CCC Congres-Centrum Schloß Charlottenburg und Schloßpark mit den frechen Eichhörnchen, die schon Eva Braun angegriffen hatten, war ja gleich um die Ecke. Später dann durch die ausgiebigen Wälder und zur Agentbrücke. In Westberlin hat man von dem Militarismus kaum was bemerkt, vielleicht am Checkpoint Charly. Da wir nur ein paar Tage in Charlottenburg waren, haben wir nur etwas in Westberlin sehen. Die Großtante und der Großonkel haben uns einen Ostberlin-Besuch ebenso wie das Tanken auf der Rückfahrt an der Transitstrecke "verboten", da wir damit die DDR wirtschaftlich unterstützen würden und das wollten sie nicht. Das war alles viel zu kurz.
Im Sommer des gleichen Jahres sind also mein Cousin und ich nochmals für 2-3 Wochen auf nach Charlottenburg, da wir nicht bei Großtante & -onkel wohnen wollten fanden wir ein Kloster, ebenfalls am Lietzensee gegenüber, wo uns während der Sommerferien im Keller der Jugendarbeit Unterschlupf gewährt wurde, samt eigenem Schlüssel für ungehinderten Zutritt 24h/d. - Galaktisch! (An dieser Stelle noch mal vielen herzlichen Dank an die Nonnen des Klosters für das entgegengebrachte Vertrauen!!) Zum Frühstück sind wir dann morgens bei den lieben Verwandten erschienen und waren tagsüber/nachts unterwegs. Einen heimlichen Tagesausflug nach Ostberlin haben wir natürlich auch gemacht :-) Wir hatten nur die wichtigsten Dinge dabei, wie diesen obligatorischen Reisepaß, damit die Grenzer was zu stempeln hatten und Geld nur für die Visa und den Zwangsumtausch sowie die U-Bahn-Tickets von/nach Friedrichstraße. So waren wir am frühen Abend bereits pleite, da wir alles verpraßt hatten :-) (Angeblich ein Ding der Unmöglichkeit).
Zum Kaffee haben wir eine Konditorei entdeckt, die im Schaufenster einen einzigen pinkfarbenen Kuchen hatte, also bestellten wir am Bistro-Tisch zwei Tassen Kaffee und zwei Stücke pinke Sahnetorte. Als wir nach Kuchengabeln fragten, hieß es "hamwa nich!", selbst Löffel oder großes Besteck gab es keines - man reichte uns aber Pergamentpapier - das Essen damit war sehr kultig, aber o.k.
Abends haben uns dann noch ein paar nette Berliner zum Bier irgendwohin eingeladen, ein edler Laden mit gediegenem Messinggeländer ins UG. (Sie wußten von uns, dass wir weder M noch DM zum Tausch hatten, das war egal). Danke!

Später war ich noch mindestens einmal alleine in Ostberlin. Da habe den Wessis und den Touris auf der Holzrampe am Brandenburger Tor mal - als einziger! - zurück gewunken. Schwupp kamen aus dem Nichts ein Rudel Uniformierter und "Zivilisten", Paßkontrolle und das übrige militaristische Gehabe, ein Jugendlicher winkt den Klassenfeind an oder so was ähnliches - Skandal! Dramatisch! Fast schlimmer, als hätte ich Mohamedkarikaturen unter den Linden gezeichnet. Als "Bundi" wurde ich dann des Platzes verwiesen - von diesem geheiligten volkseigenem Boden. 'bin dann in die Straßenbahn gestiegen und irgendwohin gefahren, fand diesen Automaten mit Kurbel witzig, der das Fahrgeld der letzten sechs? Kunden in zwölf wabenförmigen Fächern aus Plexiglas anzeigte. Ein Thema für die übrigen Fahrgäste war gefunden :-) .... huch, die Bahn fuhr bis Köpenick oder darüber hinaus, eine Station nur, dann packte mich die Angst da das Verlassen Ostberlins laut Visum nicht gestattet war und überall Uniformierte, aber auch scheinbare "Zivilisten" - also retour, Abenteuer mehr als genug - wären dann nicht Conny & Katrin am Alex in die Bahn gestiegen, wäre ich sofort fix über Friedrichstr. abgehauen. "Republikflucht eines Wessis".
@Engineer, nach diesem langen Prolog - nur zum Verständnis wie die Grenze und Ostberlin (die DDR in der Fläche kannte ich vor 01.01.90 nicht!) auf mich als Wessi gewirkt haben. Verwandte aus der DDR haben wir, außer der angeheirateten Großtante, nicht. Daher ist dieses Empfinden natürlich auch nicht repräsentativ für andere Wessis, sondern rein subjektiv. Die Berichte von Klassenkameraden oder Nachbarn, die überwiegend aus dem Eichsfeld stammten, waren die einzigen Quellen an die ich mich aus meiner Kindheit/Jugend erinnern kann und diese Berichte waren eher von Willkür und Schikanen an der Grenze beim Heimatbesuch geprägt. Als ehemalige "Republikflüchtlinge" -das war ja noch schlimmer als am Brandenburger Tor zu winken- wurden diese natürlich nicht mit Samthandschuhen angefaßt, das Auto regelmäßig zerlegt, es hätte sich ja ein Burda-Strickmuster oder eine "Brigitte" im Polster finden können.
Um Deine Eingangsfrage nun zu beantworten, der 1. Teil des Filmes hat von all diesem Gezerre, Willkür und vor allem diesem Militarismus wie in einem Polizeistaat nichts berichtet oder dargestellt, dies war jedoch das Bild was viele Wessis von der DDR hatten. Von daher meine ich, dass der Film (zumindest im 1. Teil) die DDR positiver dargestellt hat als in der Erwartung "der Wessis". Selbst bürgerliches Leben war möglich.


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RE: War es wirklich so?

#28 von Engineer , 07.10.2012 20:43

BW, danke für diesen ausführlichen Beitrag.


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RE: War es wirklich so?

#29 von joesachse , 07.10.2012 22:32

Ich habe mir am Donnerstag beide Teile nacheinander angesehen und muss sagen, dass mich der Film ganz schön bewegt hat. Dies lag in erster Linie daran, dass er mich in vielen Dingen an mein Leben in den 80ern erinnert hat. Und daran, dass ich Menschen kennengelernt habe, die genau den Typen im Film entsprachen. Ich bin nach dem Studium zum Grundwehrdienst eingezogen worden und habe auch da verschiedenste Typen erlebt. Sicherlich ist im Film einiges überzeichnet worden, aber die Sinnlosigkeit dieses Wehrdienstes, so wie sie meine Kameraden und ich empfunden haben, die kam doch gut zum Ausdruck.
Der Film wollte nach meinem Verständnis zeigen, wie Menschen mit der Schizophrenie der Gesellschaft in der DDR umgegangen sind, mit diesen permanenten Widersprüchen zwischen Realität und Praxis, zwischen dem, was im ND stand und dem, was man auf der Straße sah. Als Naturwissenschaftler, dem in einer exzellenten Ausbildung analytisches Denken beigebracht wurde, sah ich auch über viele Jahre keinen Ausweg aus der Gesamtsituation. Glücklicherweise konnte ich im Beruf einiges bewegen und hatte eine Familie, die zusammen hielt, so dass die Enge und Beschränktheit des Systems für mich nicht so spürbar wurde. Ich hatte mich mit vielen Grenzen abgefunden, habe diese Grenzen verdrängt und fühlte mich dadurch relativ frei. Erst 1988 begann auch ich massiver am System zu zweifeln und nach Veränderungsmöglichkeiten zu suchen. Aber selbst zu diesem Zeitpunkt hätte ich die Geschwindigkeit der Veränderungen nicht für möglich gehalten.
Details dazu habe ich schon vor Jahren hier im Forum beschrieben.


Jede Geschichte hat vier Seiten. Deine Seite, Ihre Seite, die Wahrheit und das, was wirklich passiert ist.(Bruce Sterling)

 
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RE: War es wirklich so?

#30 von BesserWessi0815 , 07.10.2012 22:53

Zitat von delta im Beitrag #26
Im Ansatz mögest du recht haben, aber ist es nicht so, das Gauck genau das jetzt mit den Nachkommen der Hitlergenerationen tut,...
Es ist fast zu blöd auf Deinen Schwachsinn einzugehen, delta.
In vielen Beiträgen äußerst Du Dich negativ, wenn die "bösen Politiker" nicht die Verbrechen der NS-Schergen gutheißen, sondern bedauern. Im Nationalsozialismus gab es vielleicht einige zehntausend, vielleicht 100-Tausend Mörder, Totschläger der SA, SS, GeStaPo und KZ-Aufseher. Das war gewiß nicht repräsentativ für die damals 100 Mio Deutschen. Du verwechselt da etwas. Wenn Mord, Raub und Totschlag, Willkür und Entrechtung durch eine Teilgruppe ausgeführt wurde, mußt Du Dich nicht mit denen identifizieren. Genau das tust Du aber ständig und begreifst Kritik oder Widerstand gegen die Täter als Angriff gegen Dich oder "die Deutschen", da Du ja auch ein Deutscher sein willst.
Darum geht es aber gar nicht und das kannst oder willst Du nicht begreifen. Weder damals noch heute sind alle Deutschen Nazis, aber die meisten Nazis sind Deutsche (oder die sich dafür halten). Erkennst Du den Unterschied?
Nicht jeder, der den Terror und die Morde durch die Nazis oder jetzt durch den "NSU" ablehnt, ist ein delta- oder 'Deutschenhasser'!

Bezeichnest Du nun Dich selber mit "Nachkommen der Hitlergenerationen"?
Meines Wissens hatte dieser Hitler keine Nachkommen. Wer aber sind dann Deine Vorfahren?

Mord verjährt nicht, delta. Weder die Morde der Nazis, noch die der Kommunisten, wie die des Polizistenmörders Mielke.
Das zeichnet einen zivilisierten Staat aus. Die künftigen Morde der Neonazis werden ebenso rechtsstaatlich verfolgt und die Schergen weggesperrt, ob es Dir paßt oder nicht.
HIER geht es aber um den Film "Der Turm" der das Leben in der DDR beschreibt/beschreiben möchte.
Zitat von Engineer im Beitrag #28
BW, danke für diesen ausführlichen Beitrag.
Gern :-) - obwohl die Threaderstellerin mutmaßlich eher an der Meinung der ehemaligen DDR-Bürger über diesen Film interessiert war. Der Exkurs erscheint mir etwas langatmig, kann aber Gefühle, Erinnerungen & Eindrücke nur im Kontext und nicht in wenigen Zeilen versuchen darzustellen.
Zwischenzeitlich hat joesachse seine Eindrücke beschrieben. Wer hat den Film denn noch gesehen?


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