Zitat von Kehrwoche im Beitrag #118
Wer die Medien kontrolliert, kontrolliert die Politik und damit die Wirtschaft, das Geld und letztlich uns alle.
Ich würde das etwas anders formulieren. Die Medien sind ein Werkzeug oder eine Waffe, mit der Wirtschaft und Politik die Menschen und damit auch sich gegenseitig beeinflussen. Diese Waffe kann gegen Menschen und Menschengruppen, gegen Parteien, gegen Unternehmen eingesetzt werden.
Und diese Waffe ist zu ihrer Nutzung beeinflussbar, aber nicht kontrollierbar.
Um diese Waffe zu nutzen, muss man wissen, wie man mit dieser Waffe umgeht.
Die Medienunternehmen generieren ihre Einnahmen in Wesentlichen aus zwei Quellen. Eine Quelle sind die Verbraucher, die für den Kauf der Zeitung, für Bezahlfernsehen und für andere Produkte des Medienunternehmens bezahlen. Die zweite Quelle sind die Einnahmen aus Werbung. Ich habe mal gelesen, dass im Durchschnitt bei den den Printmedien die Relation 50:50 beträgt, währen bei Privat-Fernsehen oder Onlinemedien mehr als 90% der Einnahmen durch Werbung kommen.
Die Medienunternehmen untereinander sind einem harten Konkurrenzkampf um genau diese beiden Quellen ausgesetzt. Dieser Konkurrenzkampf ist deshalb besonders hart, weil der Medienkonsum der Verbraucher wegen der Endlichkeit der dafür zur Verfügung stehenden Zeit nicht wesentlich wachsen kann und deshalb nur eine Verdrängung stattfindet.
In diesem Konkurrenzkampf findet sich dann auch der Journalismus wieder. Wie Geier fallen die Zeitungen übereinander her, wenn einer einen Fehler macht. Gleichzeitig ist es genau so fatal, wenn ein Medium über ein Ereignis nicht oder zu spät berichtet. Auch eine gewisse Exklusivität bei Informationsquellen ist gut für die Auflage oder Klickrate und damit gut für die Einnahmen.
Dazu kommt noch ein weiteres Problem. Die Bereitstellung der Nachrichten erfolgt durch wenige große Nachrichtenagenturen. Und viele Medien (z.B. die Regionalzeitungen, die neben dem Fernsehen für die Bürger eine der wichtigsten Informationsquellen sind) beziehen ihre überregionalen Nachrichten ausschließlich über die Agenturen, weil eigene Recherche zu teuer ist. Und selbst die großen überregionalen Zeitungen bringen einen großen Anteil an Meldungen von dpa, ap, reuters, afp und wie sie alle heissen.
Damit gibt es viele Wege, die Medien zu beeinflussen. Man muss dafür sorgen, dass die Nachricht erst einmal entsteht. Dann muss man dafür sorgen, dass die Nachricht auch ausgewählt wird (das sind je nach Medium etwa 10 Prozent allen Nachrichten, dabei nimmt diese Prozentzahl sogar noch ab. Wenn man das geschafft hat, dann ist der Stein ins Rollen gekommen. Wie gut, wie schnell und in welcher Richtung er rollt, kann man nur noch bedingt beeinflussen. Ein Thema kann auch völlig uninteressant werden, weil es plötzlich ein spannenderes Thema mit Nachrichten gibt: Erdbeben, Unruhen, Papstwahl, Unwetter....
Hier mal ein paar Links in der Wikipedia, die solche Dinge etwas zusammenfassen:
http://de.wikipedia.org/wiki/Nachrichtenwerthttp://de.wikipedia.org/wiki/Nachrichtenregelnhttp://de.wikipedia.org/wiki/Gatekeeper_...tenforschung%29Und noch ein paar weitere Links mit einigen Informationen:
Ganz spannend ist das
Netzwerk Recherche. Dieses primär für Journalisten gedachte Netzwerk liefert neben Hinweisen, Regeln und Anleitungen für gute Recherche und guten Journalismus auch jede Menge Analysen, z.B. dazu, wie Lobbyisten und Politiker mit dem Werkzeug Medien umgehen und dieses beeinflussen.
Eine recht gute Seite mit einem Überblick zur Nachrichtenforschung liefert
Dt. Stefan Frerichs, weiter interessante Artikel gibt es auf der Seite
Medienwissenschaft.de.
Und zum Schluss noch eine Seite, die für mich ganz spannend die Entwicklung in die Zukunft begleitet:
Netzwertig.comDort wird die immer stärkere Ablösung der Klassischen Medien durch die Onlinemedien analytisch begleitet.
Und allen von Kehrwoche zitierten Opfern ist eine Gemeinsam: Die Munition für die Medien haben sie selbst geliefert.
Als Abschlusslektüre ein kleiner Auszug aus einer
Studie zur Wichtigkeit von Nachrichten. Es wurden etwa 40 Nachrichtenredakteure (nicht repräsentativ) befragt, u.a. sollte Kriterien, wann eine Nachricht im Medium präsentiert wird, auf einer Skala von 1 (unwichtig) bis 5 (sehr wichtig) bewertet werden. Hier die ersten Plätze nach dem Durchschnitt:
Reichweite
Unter der Reichweite eines Ereignisses wird die Anzahl der Personen verstanden, die
direkt von ihm betroffen sind/ sein werden/ waren/ sein können.
4,26
Deutsche Beteiligung
Über das Ereignis wird berichtet, weil es mit deutscher Beteiligung stattfindet bzw. es
wird darüber berichtet, gerade weil es ohne deutsche Beteiligung stattfindet.
4,00
Negative Folgen/ Schaden/ Misserfolg
Hierbei geht es um Ereignisse, deren negative Folgen im Nachrichtenbeitrag explizit
dargestellt werden.
3,79
Überraschung
Überraschend ist ein Ereignis, das nicht ankündbar ist sowie ein Ereignis, das bestehenden Erwartungen widerspricht.
3,72
Meinungsunterschiede/ Kontroverse
Darunter wird die explizite Darstellung von Meinungsunterschieden verstanden, die
verbal oder schriftlich ausgetragen werden.
3,67
Positive Folgen/ Nutzen/ Erfolg
Hierbei geht es um Ereignisse, deren positive Folgen im Nachrichtenbeitrag explizit
dargestellt werden.
3,65 Und wenn man genauer drüber nachdenkt, findet man genau dies in Praxis wieder: Bad News, Kontroversen und Streit...