Hallöchen alle zusammen,
also irgendwie bin ich es langsam leid, dass meine Heimat Sachsen-Anhalt immer mit dem Freistaat Sachsen verwechselt wird...
Heute früh habe ich mich gefreut, mal ein bekanntes Gesicht in der hiesigen Lokalzeitung zu sehen – Wolfgang Böhmer, unser Ministerpräsident hatte die Hess. Landesgartenschau in Bad Wildungen besucht. Aber was musste ich dann in der Bildunterschrift lesen - es war ja der Ministerpräsident von Sachsen! Sollte sich meine Heimat während meiner Abwesenheit tatsächlich so sehr verändert haben?
Entweder ist es immer noch nicht bis hierher vorgedrungen, dass es tatsächlich zwei Länder gibt, die ein "Sachsen" im Namen tragen (mit Niedersachsen sogar 3) oder der Platz unter dem Bild hat nicht für das längere –Anhalt ausgereicht. Ist ja sowieso alles dasselbe, nicht wahr?!
Wenn es nun das erste Mal gewesen wäre, dass ich so etwas erlebt hätte, dann wäre es ein Grund zum Schmunzeln. Aber so etwas geschieht irgendwie andauernd. Unsere Nachbarn fragen immer wieder nach meiner Herkunft und ich habe mir schon überlegt, mir meinen Geburtsort mit Aufsuchkärtchen auf die Stirn tätowieren zu lassen. Sachsen-Anhalt ist das gleiche wie Sachsen, oh je, und wenn man dann noch erzählen würde, dass es in jedem von beiden noch einmal viele verschiedene Regionen mit verschiedenen Menschen gibt, wären die Wessis wohl endgültig überfordert...
Irgendwie habe ich in Erinnerung, dass wir in der Schule (so Mitte - Ende Neunziger Jahre) mal alle 16 deutschen Bundesländer mit ihren Ministerpräsidenten lernen mussten. Ich weiß auch jetzt den Großteil, zwar nicht alle, aber ich arbeite ja auch nicht bei der Zeitung...
Tatsache ist, dass sich im Westen kaum jemand wirklich dafür interessiert, was "bei uns" los war/ist. Aber wir mussten und müssen uns komplett anpassen und alles neu lernen, was für den westdeutschen Großteil von Kindesbeinen an eine Selbstverständlichkeit war.
Nun bin ich ja immer ein bisschen gnatzig, wenn ich wieder so etwas lese und denke mir, wenn mit solcher Arroganz der östliche Teil des Landes vollkommen ignoriert wird und viele im Westen z.B. noch immer der Meinung sind "alleine Solidaritätssteuer für uns zahlen zu müssen" (Original-Zitat aus einem anderen Forum), warum sollte ich ihnen dann auch nur einen winzigen Schritt entgegengehen?
Langsam verstehe ich Ausländer, die wegen der Arbeit hergekommen sind und sich schließlich in Folge eines Kulturschocks eingeigelt haben und unter sich bleiben – in der Sprache, Freizeitgestaltung und vielem mehr...
Viele sind sich dessen nicht bewusst, dass wir diesem Phänomen gar nicht so unähnlich sind, nur mit dem Unterschied, dass wir nicht in ein neues Land eingewandert sind, sondern das Land zu uns gekommen ist.
Zu diesem Thema gibt es einen super Artikel von der "Zeit" aus dem Jahre 2003 unter http://www.zeit.de/2003/41/Einwanderer
den ich wirklich einmal empfehlen würde zu lesen.
Er beschert einige Aha-Effekte und hinterher die Frage: Warum wird diese Problematik in unserem Land eigentlich nicht einmal ausführlich diskutiert? Warum gibt es Ausländer- und Frauenbeauftragte (ob die nun etwas nützen, ist natürlich die zweite Frage ) aber keine wirkliche Arbeit zum Thema Ost-West-Annäherung, wo noch auf beiden Seiten so viel Aufklärungsarbeit zu leisten ist. Stattdessen wird das Thema totgeschwiegen und wird, wenn die Arbeit in diesem Land noch knapper wird und es dem Staat immer schlechter geht, immer brenzliger werden. Wenn man seine Felle wegschwimmen sieht, fällt es leicht, dem anderen die Schuld zu geben. Für den Westen sind wir an der wirtschaftlichen und Arbeitsmarktsituation schuld, für den Osten steht oft fest, dass der Westen erst seine ganze Wirtschaft absichtlich zerstört hat.
Na ja, vielleicht sehe ich das nur wieder alles zu eng, aber ihr könnt trotzdem mal eure Meinung zu dem Artikel kundtun. Ich finde, es ist auf jeden Fall viel Wahres dran.
Viele Grüße
Mona
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Weil die Erde eine Kugel ist, was man leicht beweisen kann, kommt jeder, der straff nach Westen marschiert, im Osten wieder an. (City, "Weil die Erde eine Kugel ist")