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1. Deutscher Familientag - das braucht dieses Land!

#1 von Mona , 15.05.2006 10:51

Hallöchen alle zusammen,

ich bin wieder aus der Heimat zurückgekehrt, wo ich am Wochenende mit der ganzen Familie die Jugendweihe meines kleinen Cousins gefeiert habe.

Zwangsläufig stand gestern der Abschied und die Rückfahrt (oder doch lieber Hinfahrt?) zu unserem jetzigen Wohnort an. Zurück an den Ort, den man sich niemals freiwillig ausgesucht hätte...

Und heute früh erfahre ich zufällig, dass heute der 1. deutsche Familientag ist. Ins Leben gerufen vom Bundesfamilienministerium etc. und was eigentlich? Mal wieder ein Hilfeschreider Regierung an das Volk?

http://www.erster-deutscher-familientag.de

Es ist sicher wieder einmal gut gemeint und sorgfältig erarbeitet worden, aber wer kann denn ernsthaft daran glauben, dass dieser Schwachsinn etwas in diesem Land bewirkt??? Es geht komplett an der Realität vorbei und wird ungefähr soviel Wirkung haben wie die Heimatschachteln in Magdeburg oder „Sachse komm zurück“, die Leute in die Heimat zurückholen wollen.
Es ist sicher nur ein Bruchteil der Menschen, die tatsächlich keine Familie gründen wollen, dem Rest bleibt z.T. schlicht und einfach keine Wahl. Für eben diese sind diese Kampagnen ganz einfach ein Hohn, aber Gott sei Dank wurde wieder das überschüssige Geld an den Mann gebracht.

Ich finde es niedlich, dass gerade heute dieser Tag ist, wo ich gestern wieder so ein Bild dieses Landes vor Augen hatte, das ein krasses Gegenteil bildet.

Nach der Jugendweihe starteten alle wieder auf die Autobahn, mein Onkel in Richtung Stuttgart, wo er die Woche über arbeitet, wir nach Kassel, wohin es uns nun verschlagen hat. Auf der Fahrt überholten wir viele Autos mit dem Kennzeichen OK, dem meines Heimatkreises Ohrekreis nördlich von Magdeburg. Ich musste an die beiden Söhne eines Bekannten denken, der uns nach der Jugendweihe nach Hause gefahren hat, die beide im Westen arbeiten. Einer von ihnen ist die Woche über an der Schweizer Grenze, und von meiner ehemaligen Fahrlehrerin weiß ich, dass dieser todunglücklich ist und jeden Sonntag Tränen vergießt. Die Tochter von einem unserer Nachbarn hat ihren Freund nach München begleitet und will wieder zurück. Die Eltern vermissen ihr Kind selbstverständlich.
Und so weiter... ich könnte endlos so weiter schreiben, denn es betrifft fast alle Familien in meinem Dorf. Es ist immer wieder schön, dort zu sein und ich würde sofort zurückgehen, wenn ich könnte, aber wenn man so sieht, was sich alles verändert hat, bekommt man beinahe eine Gänsehaut.

Familien werden auseinander gerissen, die eine Hälfte verbringt ihren Sonntag auf der Autobahn, die andere mit Warten auf eine Nachricht über die gute Ankunft.

Ich vermisse meine Heimat wahnsinnig und bin nach 15 Monaten Pendelei und Fernbeziehung meinem Mann nach Fulda gefolgt, nun wohnen wir in der Nähe von Kassel. In der letzten Woche musste mein Mann für 3 Tage nach Polen, diese Woche 2 Tage nach Bautzen, nächste Woche nach Bernburg. Er ist kein Vertreter, sondern hat einen "normalen" Bürojob.
Ich leide oft darunter, dass ich meinen Job in der Heimat aufgegeben habe und nun mit einem kleinen Internetshop, einem fertigen Buch und betrügerischen Verlagen kämpfen muss. Das Unternehmen meines Mannes, in dem ich auch einmal gearbeitet habe und nach vielen erfolglosen Versetzungsgesuchen verlassen habe, erwartet von der Frau anscheinend vollste Ergebenheit und Aufgabe ihres eigenen Lebens. Die Gewissheit, in nicht allzu ferner Zukunft schon wieder umziehen zu müssen und unser Vorhaben, irgendwann für Nachwuchs zu sorgen, haben mich zu diesem Versuch bewogen, es mit der Selbständigkeit und einer „ortsunabhängigen Tätigkeit“ zu probieren, mit der sich nur ab und zu ein geringer Erfolg einstellt und mir die Anerkennung von außen fehlt. Ich leide oft darunter, nichts wirklich eigenes zu haben und würde so manches Mal am liebsten alles hinschmeißen um dort zu leben, wo ich will und mir einen Job zu suchen, mit dem ich wenigstens halbwegs zufrieden bin. Und was hätte das zur Folge? Wieder eine Fernbeziehung und niemals ein Baby.

Im Westen hier sind die Frauen es gewöhnt, ihren Mann zu 100% zu unterstützen, in dem sie sich ausschließlich um Haushalt und Nachwuchs kümmern, ich sehe es tagtäglich hier in der Straße, aber ich habe früher noch etwas anderes kennengelernt und möchte es eigentlich auch verwirklichen. Manchmal denkt man, in Deutschland sind Kinder nur noch möglich, wenn die Frau ihr eigenes Leben komplett aufgibt und damit zufrieden ist, im Schatten ihres Mannes zu leben, denn alles andere scheint sich kaum vereinbaren zu lassen.

Soviel zu dem 1. deutschen Familientag, einem Tag, der etwas bewegen soll in einem Land, wo Familien auseinander gerissen werden, die Emanzipation sich ins Mittelalter zurückbewegt und es so scheint, als könnte man nur noch allein und als Single wirklich einen Teil von seinen Träumen verwirklichen.

Ich habe mich für meinen Mann entschieden und musste dafür meine Arbeit aufgeben, weil ich einmal eine Familie haben möchte. Aber so darf es doch eigentlich nicht sein.
Entweder Kind oder Karriere - solange dieses Land so denkt, ist der "Familientag" nichts anderes als eine Ohrfeige.

Viele Grüße
Mona
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Mona
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RE: 1. Deutscher Familientag - das braucht dieses Land!

#2 von Renate , 15.05.2006 20:58

Hallo Mona,

der gleiche Schwachsinn wie alles andere, was in letzter Zeit von unserer Regierung kam. Das soll doch auch nur von den wirklichen Problemen in diesem Land ablenken.

Ich möchte bezweifeln, dass unsere Frau Familienministerin ihre 7 Kinder allein großgezogen hat. Da waren sicher Kindermädchen, Köchin und Haushälterin da. Die brauchte keinen Kindergartenplatz und das Geld brauchte sie auch nicht. Solche Leute sollen doch mal einige Wochen wie Ottonormalverdiener leben oder Arbeitslosengeld beziehen, dann wissen die erst mal, was los ist. Die haben doch alle keine Ahnung, und davon ganz viel.

Ich habe letzte Woche zufällig einen Bericht über Familien mit Kindern in Frankreich gesehen. In Frankreich ist die Kinderbetreuung im Kindergarten kostenlos. Die Eltern werden von allen Seiten unterstützt. Da muss keine Mama, die ihr Kind in eine Kindereinrichtung gibt, sich als Rabenmutter fühlen. Im Gegenteil, da werden Frauen, die ihre Kinder zu Hause betreuen schief angesehen. Und wie ist es hier. Kindergartenplätze rar, dann nur von 8 - 12 und 14 - 16 Uhr. Oder nur bis Mittag. Die Plätze sind teuer. Die Städte, die den Eltern noch Zuschüsse gezahlt haben (gibt es wirklich) sparen diese auch langsam ein.

Unsere Tochter hat um eine Ganztagsplatz gekämpft, da sie von 8 - 14 Uhr arbeiten muss. Bei einem Halbtagsplatz hätte der Kleine bis 13:30 Uhr abgeholt werden müssen. Das ging natürlich nicht. Und wird auch oft schief angesehen. Das arme Kind muss solange im Kindergarten bleiben. Fabian geht sehr gern in den Kiga, und murrt sogar manchmal, wenn die Mama zu "früh" da ist. Es ist aber auch ein ganz toller Städtischer Kindergarten. Da möchte man selbst nochmal Kind sein.

Hier kann niemand nachvollziehen, dass unsere Kinder in die Kinderkrippe, Kindergarten und dann in den Schulhort gegangen sind. Man muss sich da auch fragen lassen, wie man sowas machen konnte. Ich sage dann immer: Meinen Kindern hat das nicht geschadet, sie sind nicht verblödet ...! Es ist aus allen 3en was ordentliches geworden.

Lass Dir den Mut zu einem Baby nicht nehmen, denn Kinder sind da beste, was uns passieren kann.

Liebe Grüße


Renate


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